Voller Überzeugung im heimischen Dialekt
20.04.06 (Reilingen)
Der Reilinger Charly Weibel stellt seine dritte Mundart-CD vor / „Nehwedroh – ned nur fer d’Leit vun Reilingä“
Die Zeit für eine dritte CD mit Mundartliedern sei einfach reif gewesen, lächelt der Reilinger Charly Weibel spitzbübisch. Bei ihm hätten sich in letzter Zeit nämlich nicht nur „än Haufe vun Lieder“ angesammelt, sondern auch „d’Leit ned nur vun Reilingä“ ihn immer wieder gefragt, wann denn nun die nächste CD mit seinen inzwischen weithin bekannten Liedern im heimischen Dialekt erscheinen würde. Ob der vielen neuen Stücke, die seit der letzten Produktion „Hosch schunn khert“ entstanden waren, eigentlich auch kein Problem. Für den sympathischen Reilinger, der einst als Frontsänger der Rockformation Jezebel’s Tower selbst in Rumänien und Japan seine Fans hatte, eher eine Qual der Wahl, die besten Lieder auszuwählen. Und wer ihn kennt, weiß, dass dies sicher nicht so ganz einfach gewesen sein muss. „Isch heb dann halt die elf Sticklin gnomme, die mir und a de Leit am beschde gfalle – awwer vor allem mir …“
Das typisch lausbubenhafte Wesen von Charly Weibel, der als 48-jähriger Karl Weibel im Gemeinderat seiner Heimatgemeinde sitzt und als Oberkommissar im Polizeirevier Hockenheim seinen Dienst tut („Schutzmann gfällt mer als Berufsbezeichnung awwer viel besser!“), lässt auf den ersten Blick nicht erahnen, dass es für ihn weitaus mehr gibt als nur „luschdige Liedlin“. Wer in seine neues CD „Nehwedroh“ („Für anner Leit als vun hier mist des nebendran hoaße.“) einmal hineinhört, entdeckt zwar keine geheime, wohl aber andere, ja nachdenkliche Seiten. Auch wenn die heiteren Stücke klar in der Überzahl sind („Sunschd kaafd jo kääner so ä Scheib.“), beeindrucken gerade die ruhigeren, manchmal sogar auch ländlich-sittlichen, mehr noch aber melancholischen Lied- und Textpassagen. Da sich Charly Weibel bei seinen Kompositionen nicht an irgendwelche Rundfunk- und Fernsehvorgaben halten will oder auch muss („Die derfe ned länger singe als dreiehalb Minute.“), nutzt er diese Freiheit voll aus um in fünf Minuten und zehn Sekunden festzustellen: „Heid isch alles annaschd“. Die wohl schönste Liebeserklärung, die ein Enkel seiner Großmutter machen kann, ist poetisch wie musikalisch im Epos „Mei Oma“ wiederzufinden. Und wie tief gerade Mundartlieder auch die Seele berühren können, zeigt zudem eines der bisher schönsten Stücke von Charly Weibel – „Isch schick des Lied naus“.
Als aufmerksamer Zuhörer spürt man sofort, dass es sich bei den Liedern um echte Gefühle von ihm selbst handelt. Und dass diese auch wirkungs- wie eindrucksvoll auf der CD zu hören sind, ist vor allem Andreas Wurm, einem Bandkollegen aus Jezebel’s Towers Zeiten zu verdanken. Dieser habe, so Charly Weibel dankbar, in seinem Studio AM-Digital in Ketsch die Lieder mit großer Geduld aufgenommen und mit zahlreichen weiteren Instrumenten abgemischt, die er alle nicht beherrsche. „Ich spiele Gitarre und kann singen, aber beim Notenschreiben hörts schön auf“, macht Weibel deutlich, dass sein Stärken vor allem der Gesang und das Komponieren sind. Und dazu würden schließlich „die Akkorde uff de Klampf“ reichen.
Und wie! Der Reilinger sing aus voller Überzeugung im heimischen Dialekt, seiner „Muddersprooch“. Die Themen seiner Lieder beziehen sich zum größten Teil auf ganz normale und alltägliche Gegebenheiten, Typen und Personen. Für den mehrfach preisgekrönten Mundartsänger so eine Leichtigkeit, im Lied „Isch wärr niemohls Eskimo“ seine Liebe zur Kurpfalz zu verdeutlichen. Aber auch für seine Frau Petra findet er immer wieder eine ganz persönliche Liebeserklärung.
Köstlich auch seine Erfahrungen als Beifahrer, die er in „Newedroh“ verarbeitet hat. Passend dazu hat der Reilinger Tausendsassa Siegfried von Sagunski eine Zeichnung für das CD-Cover erstellt, wie es passender und pointengerechter nicht hätte sein können.
Ob nun die Geschichte von einem Tombolagewinn oder seiner ersten Jeans – man muss sich die Stücke einfach anhören, um von der faszinierenden Einheit von Text und Musik einen Eindruck zu bekommen. Wie in den Bildern einer Ausstellung werden in den Liedern Eindrücke und Erlebnisse wiedergegeben, die der Mensch Karl Weibel in sich trägt. Als Kind und Jugendlicher, als Polizist und Gemeinderat. Oder treffender gesagt: Als Reilinger und kurpfälzischer Weltbürger.