Erforschung der Heimatgeschichte bleibt spannend
25.02.10 (Reilingen)
Arbeitskreis Burg Wersau der „Freunde Reilinger Geschichte“ hatte zum Aktionstag eingeladen / Bei Wald- und Feldbegehung den Spuren der Römer gefolgt
Wie spannend ein Ausflug in die wechselvolle Geschichte der näheren Umgebung sein kann, erlebten jetzt zahlreiche interessierte Heimatfreunde. Der Arbeitskreis Burg Wersau der „Freunde Reilinger Geschichte“ hatte im Rahmen eines Aktionstages zu einer Feld- und Waldbegehung rund um die Spargelgemeinde eingeladen, um die Geschichte der ehemaligen Burganlage einmal im direkten historischen Zusammenhang der regionalen Entwicklung aufzuzeigen. Dabei ging es vor allem um die besondere Lage der Burg Wersau in einem mehr als 2000-jährigen Kultur- und Siedlungsraum. Gleich zu Beginn des Aktionstages erinnerte der Heimathistoriker Otmar Geiger daran, dass auf dem nur wenige Hundert Meter entfernten Herrenbuckel bereits eine kleine keltische Siedlung gelegen haben muss. Funde würden sogar die Vermutung nahe legen, dass es sich dabei um einen Fürstensitz gehandelt haben könnte. Bekräftigt werde diese Annahme durch mehrere, bisher noch unerforschte, keltische Grabhügel in der nahen Lußhardt. Diesem großen Waldgebiet, einst als Königsforst dem Hof Bruchsal zugeordnet, galt dann auch das besondere Interesse während der weiteren Veranstaltung. Der Heidelberger Architekt Oskar Harbich, seit vielen Jahren als Bauforscher und Wünschelrutengänger bei archäologischen Grabungen des Kurpfälzischen Museums gefragt, zeigte im Waldbereich zwischen Reilingen und Neulußheim die Lage einer römischen Gräberanlage auf, verwies auf ein dort gebautes Räucherhaus sowie andere Fundspuren aus der Römerzeit. Obwohl eine geschlossene römische Siedlung bislang noch nicht gefunden werden konnte, würden, so Harbich, die Grabfunde im Hubwald eine Dominanz römischer Bevölkerungsschichten aus der Zeit zwischen 50 bis 230 n. Chr. erkennen lassen. In diesem Zusammenhang widersprach Otmar Geiger der bisherigen Auffassung, dieser römische Friedhof müsse zu einer möglichen Siedlung im Bereich der heutigen Gemeinde Altlußheim gehört haben. Diese Einschätzung könne nach dem Stand der Forschung nicht mehr gehalten werden. „Die Gräber sind von einer dort liegenden Siedlung nicht nur viel zu weit entfernt, sondern werden eher zu einer nahe dem heutigen Reilingen liegenden Siedlung oder den Villa Rustiken im Umkreis gehört haben.“ So gebe es inzwischen verschiedene Anhaltspunkte, die die bereits früher geäußerten Vermutungen in diese Richtung untermauern würden. „Auch wenn das Gräberfeld auf der heutigen Altlußheimer Gemarkung gefunden wurde, kann damit kein ursächlicher Zusammenhang hergestellt werden“, so der langjährige Heimatforscher. Außerdem hätten die archäologischen Ausgrabungen in den 1950-er Jahren gleich in mehreren Gräbern Hasen als Grabbeilagen nachgewiesen. Und der Hase sei nun mal seit vielen Jahrhunderten das Wappentier der Gemeinde Reilingen, so Geiger mit einem Augenzwinkern.
Für Faszination sorgten im weiteren Verlauf der Waldbegehung dann die heute noch zu entdeckenden Überreste der Römerstraße, die von Ladenburg nach Basel führte.
Zurück im Bereich der ehemaligen Burg Wersau erinnerte Manfred Gegner, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes, an die nicht weit davon entfernt liegende Kreuzung der Römerstraße mit dem Streckenverlauf Bad Wimpfen – Speyer. Dabei wurde auch über die immer wieder geäußerte These gesprochen, dass die Burg Wersau aus einem römischen Burgus (turmartiges Kleinkastell zum Schutz der Straßenkreuzung) entstanden sein könnte. Den endgültigen Beweis könnten aber nur archäologische Grabungen erbringen, machte Geiger deutlich. Belegt seien im Umkreis nur das Kastell in Neuenheim am Neckar und das römische Kleinkastell bei Wiesental. Da die Burg Wersau-Freunde die Genehmigung eines Landwirts hatten, seinen frisch gepflügten Acker am ehemaligen Burggelände nach Oberflächenfunden abzusuchen, machten sich die Teilnehmer am Ende des Aktionstages trotz des schmierigen Bodens noch an die Arbeit – und wurden fündig. Bruchstücke römischer und mittelalterlicher Töpferware wurden ebenso gefunden wie Reste der ehemaligen Dacheindeckung der Burg aus Schiefer. „Die Vergangenheit lebt unter der Grasnarbe und Feldfurch weiter“, zeigte sich Otmar Geiger als Arbeitskreis-Sprecher zuversichtlich, der wechselvollen Geschichte der Burg Wersau und des mit ihr direkt verbundenen Umlandes Stück für Stück näher zu kommen. „Damit bleibt die Erforschung der Heimatgeschichte für uns und die kommenden Generationen auch weiterhin spannend.“