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Barocke Dynamik in weicher Geschmeidigkeit

22.12.06 (Speyer)

Weihnachtsoratorium (Kantaten I – III) im Dom zu Speyer aufgeführt
Jauchzen? Frohlocken? Und dies dazu noch in einem eiskalten Kirchenraum? Kann so was überhaupt Vergnügen bereiten? Es kann! Und wie! Mit der Aufführung der Kantaten I bis III des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach wurden die vielen Zuhörer – sie waren teilweise aus dem ganzen Bundesgebiet nach Speyer angereist – im bis auf den letzten Platz besuchten Kaiserdom mit einem kirchenmusikalischen Meisterwerk auf ganz besonders beeindruckende Weise auf das Weihnachtsfest eingestimmt.Dabei hatte Domkapellmeister Professor Leo Krämer dank seiner inzwischen weltweit anerkannten Interpretationsfähigkeit historischer Kompositionen wieder einmal das Kunststück fertiggebracht, den Domchor, die Mädchenkantorei am Kaiserdom, die Domsingknaben und den Chor der Saarländischen Bachgesellschaft in nur einer einzigen Probe optimal aufeinander einzustimmen und auch zu einer Höchstleistung zu motivieren. Ein in seiner Homogenität und Ausdrucksstärke begeisterndes Gesangsensemble, das geradezu ideal mit der Saarland-Sinfonietta harmonierte.
Die Musikerinnen und Musiker in der für Bach typischen Besetzung ließen die barocke Dynamik in einer warmen Geschmeidigkeit erklingen, ohne dabei zu dominieren. Dem stets geforderten Basso continuo (herausragend dabei Elke Völker an der Truhenorgel), den näselnden Oboen oder dem unverzichtbaren Fagott setzten die klaren Barocktrompeten oder die Flöten musikalische Kontrapunkte.
Im eiskalten Dom konnte der Tenor Andreas Wagner – wie fast alle Sängerinnen und Sänger – die dadurch bedingten anfänglichen Probleme mit der Brillanz der Stimme aber schnell abbauen und letztendlich den Part des Evangelisten sicher und nuanciert bewältigen. Mit ihrer wohltemperierten Altstimme war Susanne Schaeffer für die Arien und Rezitative einmal mehr eine besonders hörenswerte Besetzung. Die ausgereifte Stimme des Bassisten Vinzenz Haab kam in der Tiefe des Kaiserdoms besonders zur Geltung und wurde vom aufmerksam lauschenden Publikum ebenso begeistert aufgenommen wie der klare Sopran von Susanne Bernhard. Sie, wie auch die anderen Solisten, gehören inzwischen zu dem bewährten Kreis von Künstlerinnen und Künstler, auf den sich ob der besonderen Qualitäten Leo Krämer stets bei seinen Aufführungen verlassen kann.
Dass ein Umgang mit der Bach’schen Musik nicht immer ganz einfach ist, wurde vor allem denen Zuhörer im Publikum deutlich, die zum ersten Mal ein Werk des begnadeten Kirchenmusikers hörten. Dessen barocke Dynamik in weicher Geschmeidigkeit zu interpretieren, gehörte daher zu den besonderen Leistungen von Domkapellmeister Krämer sowie seinen Sängerinnen, Sänger und Instrumentalisten.
Mit seinem Oratorium hat Bach die biblische Weihnachtsgeschichte in ein musikalisch anspruchvolles Werk gepackt, das auch heute noch fasziniert und die Sinne in besonderem Maße anspricht. Besonders deutlich wurde dies beim brillierenden „Jauchzet, frohlocket“ oder beim Choral „Herrscher des Himmels“.
Am Ende mussten sich die Stimmen und Instrumente aber erst einmal in den Höhen und Tiefen des romanischen Domes auflösen, um beim Publikum die besondere Stimmung und Gefühle des Gehörten mit minutenlangem Beifall aufgehen zu lassen.

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