Mittelalter kehrte für kurze Zeit auf die Burg Wersau zurück
25.04.10 (Reilingen)
Auftaktlager gewandeter Mittelaltergruppen aus dem kurpfälzischen Raum auf dem ehemaligen Burggelände / Das Leben von einst gelebt /Friedlicher dürfte es zur Ritterszeit auf der Wersau nie zugegangen sein
Das bunte Leben des Mittelalters war am Wochenende für drei Tage wieder auf der Burg Wersau eingekehrt. Historisch gewandete Gruppen aus der gesamten Region waren gekommen, um auf dem ehemaligen Burggelände ihre Zelte aufzuschlagen. Für alle Teilnehmer ein spannendes Ereignis, denn zum ersten Mal fand der Saisonauftakt auf einem geschichtsträchtigen Gelände statt. Entsprechend groß war das Interesse an der wechselvollen Geschichte der einstigen Schutz- und Königsburg an der damals wichtigen Kaiserstraße Prag-Nürnberg-Speyer. Der Vorsitzende der „Freunde Reilinger Geschichte“, Philipp Bickle, als auch Otmar Geiger vom Arbeitskreis Burg Wersau hatten viele Fragen der interessierten Geschichtsfreunde zu beantworten. Faszinierend dabei der Hinweis, dass das Mittelalterlager direkt auf den Gemäuerresten der „Burg unter der Grasnarbe“ stattfinden würde. Mit entsprechendem Respekt und einem fast „heiligen Schauer“ wurde dann auch der Tagesablauf wie zur Zeit der Ritter, Burgfräuleins und Minnesänger gepflegt, ja fast zelebriert. „Wir spielen hier nicht Ritterles, sondern wollen versuchen, das Leben unserer Vorfahren so zu leben, wie es wirklich war“, machte Michael Shugrue von der Mittelaltergruppe „Der Hof“ aus Ketsch den vielen neugierigen Spaziergängern und Radfahrer immer wieder deutlich. Gerne folgte man der Einladung, doch einmal einen Blick in das Lager zu werfen. Im weiten Rund hatten sich die einzelnen Gruppen gemütlich eingerichtet. Bereits bei einem schnellen Überblick wurde deutlich, dass hier wirklich das Leben des Mittelalters gepflegt wurde. Schnell fühlte sich so mancher Besucher zurückversetzt in die Zeit vor 800 und mehr Jahren, als auf und rund um die Burg Wersau noch wirkliches Leben stattfand. Ob man sich nun die Kleidung, die Lagerküchen oder die sonstige Ausrüstung betrachtete, alles schien echt zu sein. Und in der Tat legen die Gruppen, die ihr kostspieliges Geschichtshobby ernsthaft betreiben, viel Wert auf historische Genauigkeit. Das geht sogar soweit, dass eine der anwesenden Gruppen selbst ihre Kleidung so hergestellt hatten, wie es einst üblich war. Neben den Gastgebern von der Gruppe „Der Hof“ aus Ketsch bevölkerten die „Brüder des Wolfs“ (Frühmittelaltergruppe aus Speyer), die Mongolengruppe „Clan des Jadedrachen“ oder eine kleine Bauerngruppe aus Schifferstadt das Gelände. Weitere Gruppen stellten die Zeit des 13. Jahrhunderts dar, andere wiederum das Hochmittelalter. Interessant auch, sich mit den Kelten der „Horde Hasalaha“ zu unterhalten oder sich über das Projekt „Erster Kreuzzug“ zu informieren.
Mit diesem Mittelalterlager wurden all die Zeitgenossen Lügen gestraft, die im Vorfeld dieser Veranstaltung immer wieder vor „Horden betrunkener Möchtegern-Heimatforscher“ gewarnt hatten. Dass genau der Gegenteil Fall war, spricht für die Mittelalter-Szene in der kurpfälzischen Region. An allen drei Tagen saßen die Mitglieder der verschiedenen Gruppen harmonisch beisammen, kleine und große Kinder spielten vergnügt zwischen den Zelten, die Bogenschützen und Schwertträger übten sich in ihrer Kunst. Schön auch, dass an den drei Tagen immer wieder befreundete Gruppen die Lagernden besuchten – und dies meist in voller Ausrüstung und Gewandung. Ein prächtiges Bild, das auch den vielen Spaziergängern, Radfahrern und von einem Ausmarsch der auf der Wersau lagernden Gruppen angelockten Reilinger gut gefiel. Gerne blieb man da schon mal ein paar Stunden länger, ließ sich von der besonderen Stimmung anstecken und ließ die Abende bei (Haus-)Musik aus historischen Instrumenten an den Lagerfeuer oder rund um die Kochstellen ausklingen. Friedlicher dürfte es zur Ritterszeit auf der Wersau nie zugegangen sein. Den Teilnehmern des Mittelalterlagers hat es jedenfalls in der Spargelgemeinde so gut gefallen, dass man gerne wiederkommen möchte. So wurde bereits während der Veranstaltung darüber nachgedacht, ein ähnliches Lager im kommenden Jahr in das Historische Dorffest aus Anlass der 725-Jahr-Feier zu integrieren. Eine Bereicherung wäre dies für das große Fest allemal.