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Meisterwerke in Schloss Bruchsal

22.05.17 (Burgen & Schlösser, Forschung & Archäologie)

SchreibsekretärDie Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zeigen herausragende Kunstwerke des 18. Jahrhunderts
Das Schloss war schon zu Zeiten der Fürstbischöfe von Speyer berühmt für Rang und Kostbarkeit seiner Ausstattungen. Mit den 17 Schlossräumen, die nun seit Mai wieder eingerichtet sind, ist der Glanz in die ehemalige fürstbischöfliche Residenz zurückgekehrt. Prominentes Stück: Der Schreibschrank des Fürstbischofs Franz Christoph von Hutten. Dieser beeindruckt zum einen durch seine Größe – dann aber auch durch den enormen Reichtum seines Schmucks. Besonders auffällig ist die perspektivische Einlegearbeit im Oberteil des zweiteiligen Möbels: Die beiden breiten Türflügel ergänzen sich zu einem suggestiven Blick in eine barocke Architektur von großer Tiefe. Für dieses Meisterwerk der Einlegekunst kamen – neben verschiedenen und teilweise auch gefärbten Holzarten auch so kostbare Materialien wie schimmerndes Perlmutt, Schildpatt und Elfenbein zum Einsatz.
Schon im 18. Jahrhundert war er ein Prunkmöbel von höchstem Rang. Der reich geschwungene Korpus des Möbels ist ganz typisch für seine Herkunft aus dem Würzburger Raum: Die dortigen Fürstbischöfe waren direkte Verwandte der geistlichen Herren von Speyer, die in Bruchsal residierten. Ob das aufwändige Stück von einem ihrer Hof-Ebenisten – wie damals die Kunsttischler genannt wurden – geschaffen wurden, ist unbekannt. Unabhängig vom bislang nicht gelüfteten Geheimnis um die Herkunft: Er muss einer der ganz großen Meister seines Faches gewesen sein. Das kostbare Möbel ist einer der prächtigsten deutschen Schreibschränke des 18. Jahrhunderts und genießt seit jeher in der Fachliteratur höchsten Ruf.
Wie kostbar die Ausstattung des Bruchsaler Schlosses war, lässt sich nun beim Gang durch die Räume wieder erleben. Im gleichen Raum, in dem der große Schreibschrank steht, befindet sich ein zweiter Schreibschrank von ähnlichem Format und Rang. Auch dieses Möbel schmücken figürliche Einlegearbeiten – in diesem Fall sind es die großen Figuren der Heiligen Nepomuk und Johannes Borromäus. Die beiden Möbel fügen sich zu einem außergewöhnlichen Bild zusammen und berichten eindrucksvoll vom Reichtum der fürstbischöflichen Residenz. Der Auftraggeber, Franz Christoph von Hutten, ist hier auch in persona und nicht nur in seinem Monogramm wie auf den Schreibschränken zu sehen. Ein repräsentatives Gemälde zeigt ihn, gekennzeichnet mit den Insignien seiner Macht als Kardinal und Landesherr, vor dem Bruchsaler Schloss. Interessantes Detail: Das Schloss weist zu der Zeit, als das Bild entstand – um 1763 – bereits nicht mehr die mehrfarbigen Fassaden auf, wie sie für die Zeit seines Vorgängers, Damian Hugo von Schönborn, nachgewiesen sind. Das Rokoko liebte die zarten, lichten Töne. Der Raum, das „Rote Zimmer“, ist nun wieder so eingerichtet, wie ihn Fotografien des frühen 20. Jahrhunderts dokumentieren.
Seit Mai sind die wiederhergestellten Prunkappartements wieder zugänglich – und die Neugier ist groß. Für die Bruchsalerinnen und Bruchsaler selbst vollendet sich mit diesem Schritt eine fast 70-jährige Geschichte: Das Schloss, im letzten Krieg weitgehend vernichtet, war und ist so sehr ein Stück der regionalen Identifikation, dass an seinem Wiederaufbau nie Zweifel bestanden. So begann auch fast unmittelbar nach der Zerstörung schon die Sicherung der erhaltenen Details. Die Räume der Beletage bilden den Abschluss dieser Wiederherstellung über mehrere Generationen. Kein Wunder also, dass am Eröffnungswochenende die Menschen aus der Region in langen Schlangen geduldig vor den Portalen warteten. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, die das Schloss betreuen, haben Schloss Bruchsal zum „Schloss des Jahres“ ernannt und tragen damit dieser enormen Wirkung Rechnung.
In den Appartements der Beletage erlebt man nun wieder 350 kostbare Stücke aus der originalen Ausstattung des 18. und des frühen 19. Jahrhunderts. Umsichtige Zeitgenossen hatten im Krieg früh begonnen, Kunstwerke und Mobiliar an sicheren Orten zu deponieren. Bei den Stücken der Ausstattung sind die großen Namen der Zeit vertreten. Sensationell ist der Reichtum der Tapisserien: die kostbaren Seidenteppiche schmücken nun wieder viele der Räume. Schloss Bruchsal verfügt über die zweitgrößte Sammlung in Deutschland; 38 der Bildwirkereien hängen jetzt wieder in den Prunkräumen, darunter solche raren Exoten wie die Teppiche der „Groteskenserie“, mit Gauklern, Affen und einem Elefanten.
„Die Krone aller barocken Treppenhäuser“ nannte der berühmte Kunsthistoriker Georg Dehio vor gut 100 Jahren die Bruchsaler Treppenanlage, errichtet nach dem Plan des großen Balthasar Neumann. Schloss Bruchsal galt schon bei Zeitgenossen als besonders geschmackvoll und ungewöhnlich. Man spürt das heute noch, wenn man sich dem Schloss annähert, sei es durch den verträumten Schlossgarten oder von der Stadtseite her durch das prächtige Torgebäude. Das Schloss, errichtet in weit über 50 isolierten Einzelgebäuden, wirkt wie eine ganze Stadt aus graziösen Bauwerken, fantasievoll und bunt. Dass hier ein mächtiger geistlicher Herr residierte, der Fürstbischof von Speyer – man ahnt es höchstens, wenn man den Turm der Schlosskirche wahrnimmt. Der erste Eindruck aber zeigt vor allem die spielerische Eleganz des Ensembles. (PM)
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