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Leimens trickreicher Kampf gegen Mannheimer Maimarkt

29.04.89 (Handel & Handwerk)

Im Schatten des Mannheimer Maimarktes ist ein älterer Vieh- und
Krämermarkt in Vergessenheit geraten: Der Markt in Leimen, das
offenbar schon sehr früh ein Marktrecht besaß. Nach den Angaben
des Bruchstückes einer historischen Beschreibung pfälzischer
Orte, einer Handschrift aus der Batt’schen Sammlung der
Universitätsbibliothek Heidelberg, soll Kaiser Friedrich
Barbarossa Leimen das Marktrecht verliehen haben. Ein amtliches
Dokument aber, das diese Aussage bestätigen könnte, wurde bis
heute noch nicht gefunden. Die derzeit früheste und historisch
nachweisbare Nachricht zum Markt in Leimen findet man in einem
kurpfälzischen Kopialbuch, das im Generallandesarchiv Karlsruhe
aufbewahrt wird.

Dort bestätigte am 6. April 1579 Kurfürst Ludwig VI. dem
Schultheiß und Rat sowie der Gemeinde Leimen, daß sie jährlich
„uf Philippi Jacobi, den ersten tag May“ einen Jahrmarkt abhalten
dürften. In der Urkunde gewährte der Kurfürst den Krämern,
Käufern und Verkäufern Marktfrieden und Sicherheit, indem er
Unrecht, falsches Maß, Gewicht und Geld unter Strafe stellte.
Beim Leimener Markt handelte es sich vornehmlich um einen Vieh
und Krämermarkt, der den Bauern in der Region diente. Doch das
Elend und die Not des hereinbrechenden Dreißigjährigen Krieges
verhinderten ein Fortführen des Marktes.

Mannheim, das 1606 vom Kurfürsten Friedrich IV., dem Führer der
protestantischen Union, zur Stadt erklärt und zur Festung
Friedrichsburg ausgebaut wurde, erhielt sieben Jahre später vom
Verwalter der Kurpfalz, Johann II. von Zweibrücken, ebenfalls
einen Markt zu „Philippi Jacobi gnädiglich bewilligt“. Damit
ergab sich in der Kirchheimer Zent eine Konkurrenz zum Leimener
Markt. Am Anfang war davon wahrscheinlich wenig zu spüren. Doch
spätere Akten und Dokumente geben für Leimen nicht mehr „Philippi
Jacobi“ als Markttag, sondern den Montag nach Georgi (23. April)
an, um der Konkurrenz des Mannheimer Maimarktes zuvorzukommen.
Die schlauen Leimener ließen ihren Markt einfach acht Tage früher
beginnen.

1716 richtete die Gemeindeverwaltung Leimen an das Oberamt
Heidelberg die Eingabe, den „bei vormaligen Friedenszeiten den
Montag nach Georgi jährlich gehaltenen aber bei denen
KriegsTroublen in Abgang gekommenen Viehmarkt bei nunmehr wieder
erfolgtem Frieden in Gang zu bringen“. Im Gesuch wurde betont,
daß das Marktrecht seit „altersher“ bestünde und nun wieder ein
dringendes Bedürfnis geworden sei.

Um den Markt schnell zu heben, aber auch um Vorteile gegenüber
dem Maimarkt in Mannheim zu haben, schlugen Schultheiß und der
Rat zu Leimen vor, die Viehhändler zwei Jahre vom Zoll zu
befreien. Das wurde allerdings nur insoweit gestattet, als nicht
das gesamte Vieh, sondern nur das tatsächlich verkaufte, verzollt
werden mußte. Damit hatte Leimen ein besonderes Marktprivileg für
die kommenden zwei Jahre. Als weiteres Lockmittel wurde mit dem
Markt das sogenannte „Georgigericht“ verbunden. Damit konnten
Marktbesucher und Einheimische das Schauspiel eines öffentlichen
Gemeindegerichts miterleben.

Die zeitliche Nähe zum aufblühenden Maimarkt und die
Attraktivität der Residenzstadt Mannheim wurde eine immer stärker
werdende Konkurrenz für Leimen während der langen Regierungszeit
von Carl Theodor. Aber auch die einengenden Vorschriften beim
Viehhandel waren für den Marktflecken Leimen ungleich schwerer zu
erfüllen.1776 erließ Carl Theodor eine Viehmarktsordnung, die in
45 Paragraphen die Abhaltung des Marktes und insbesondere die
Hauptmängel und Gewährsfristen beim Viehhandel bestimmte.

Zum rechtmäßigen Abschluß des Kaufvertrages gehörte nicht nur der
Einoder Handschlag. Es war auch ein schriftliches Attest
vorgeschrieben, welches dem Käufer bestätigte, daß die Tiere
gesund verkauft wurden und „von einer Seuche (Gott seye Dank) der
Orthen nichts verspüret werde, solches wird von Obrigkeits wegen
anmit beurkundet“.

Bereits 1770 wurde vom Kurfürsten verfügt, daß bei Abhaltung von
Viehmärkten an Sonn und Feiertagen das Viehtreiben vor Endigung
des Gottesdienstes zu unterbleiben habe. Und so mancher
Geistlicher hatte an diesen Tagen den Gottesdienst besonders lang
gehalten. Mannheim verlegte daher den Markttag auf einen Dienstag
und noch heute feiert man dort den „Maimarktdienstag“.

Nach den Angaben des Zentgrafen Dachert in Kirchheim waren neben
Leimen und Mannheim noch folgende Gemeinden zur Haltung von
Viehmärkten berechtigt: Nußloch („von langen Jahren herzu“),
Schwetzingen (seit 1759), Edingen (seit 1771), Ladenburg,
Neckarhausen und Schriesheim. Auch die Viehmärkte in Speyer und
Langenbrücken machten den kurpfälzischen Orten zu schaffen. Trotz
größter Anstrengungen war der Markt zu Leimen nicht mehr zu
halten.

Der verzweifelte Versuch der Gemeinden zu Beginn des 19.
Jahrhunderts, die Märkte neu einzurichten, schlug an der
unerbittlichen Haltung der neuen badischen Regierung fehl. Auch
der Vorschlag, den Leimener Vieh- und Krämermarkt um Martini,
also im November, abhalten zu dürfen, wurde vom Direktorium des
Neckarkreises mit dem Hinweis, daß „jener Markt in Leimen längst
vergessen und verlassen ist“ abgewiesen. Verzweifelt wandten sich
Bürgermeister und Gemeinderat 1838 an den Innenminister des
Großherzogtums Baden. Doch auch er war gegen eine
Wiedereinrichtung des alten Viehmarktes zu Leimen.

Aus: RNZ, 29.4.1989, Rudi Dorsch

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