Hoher Verwaltungsaufwand für geringe Umverteilung
09.11.10 (Reilingen)
Reilinger Gemeinderat stimmt mehrheitlich der Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zu / Zukünftige Gebührenhöhe aus heutiger Sicht noch nicht ermittelbar / Kosten für die Umstellung bei rund 60.000 Euro
In Reilingen müssen nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg ab dem Wirtschaftsjahr 2012, zugleich aber rückwirkend für die Jahre 2010 und 2011 gesplittete Abwassergebühren eingeführt werden. Damit kommt auf die Gemeinde (wie auch auf alle anderen Kommunen im Land) ein immenser Verwaltungsaufwand zu. Bürgermeister Walter Klein machte dem Gemeinderat am Montagabend während der öffentlichen Sitzung deutlich, dass bei der Berechnung der Abwassergebühr nicht mehr wie bisher der einheitliche Frischwassermaßstab zugrunde gelegt werden dürfe. „Wir müssen nun eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben erheben.“ Beim Schmutzwasser werde man sich wie bisher am Wasserverbrauch der einzelnen Haushalte orientieren, so das Gemeindeoberhaupt weiter. Beim Niederschlagswasser sei dagegen zukünftig die Abflussmenge des Oberflächenwassers von den einzelnen Grundstücken zu ermitteln. Da die Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers durch die befestigten Grundstücksflächen bestimmt werde, stehe die Gemeinde Reilingen nun vor der Aufgabe, diese versiegelten Flächen erst mit Hilfe eines kostenintensiven Befliegens des Gemeindegebietes zu ermitteln. Walter Klein bedauerte, dass nunmehr auch Klein- und Kleinstgemeinden zum Gebührensplitting verpflichtet seien. „In Gemeinden wie Reilingen, die nur wenige großflächig befestigte Grundstücke haben, werden künftig mit einem hohen Verwaltungsaufwand geringe Eurobeträge zwischen den Gebührenzahlern umverteilt.“ Dies stelle in Zeiten leerer öffentlicher Kassen eine nur schwer vermittelbare Forderung dar. Zumal eine Aussage über die zukünftige Gebührenhöhe aus heutiger Sicht noch nicht einmal möglich sei. Um die Kosten für die Ermittlung von versiegelten Grundstücksflächen so gering wie nur möglich zu halten, werde dies in einer Befliegung der gesamten Verwaltungsgemeinschaft Hockenheim geschehen. Und dann würden die Grundstückseigentümer in einem Selbstauskunftsverfahren die Größe der befestigten Grundstücksflächen angeben. Die Befliegung des gesamten Gemeindegebietes ist im Frühjahr 2011 vorgesehen, ab Januar 2012 sollen dann die Gebühren neu erhoben werden – auch rückwirkend für die Jahre 2010 und 2011 (für diese Jahre wird es vorerst nur Abschlagszahlungen geben). Die Kosten für die rund 2.245 Veranlagungseinheiten in Reilingen belaufen sich auf knapp 60.000 Euro, die von den Verbrauchern in der Spargelgemeinde getragen werden müssen.
Das Einführen einer gesplitteten Abwassergebühr stieß bei allen Fraktionen auf nur wenig Gegenliebe. So kritisierte Sabine Petzold (Freie Wähler) die enormen Kosten bei der Umstellung und zukünftigen Erhebung, während Klaus Benetti (CDU) dazu aufforderte, den Bürgern den Ablauf des Verfahrens klar zu machen. „Es wird den Bürgern unserer Gemeinde nur schwer zu vermitteln sein, steigende Kosten zu erwarten.“ Dieter Rösch (SPD) nannte es sinnvoller, für Geländeentsiegelung zu sorgen, um die Gebühren senken zu können. Die Kosten für mehr Gerechtigkeit bei der Ermittlung der Abwassegebühren würden dagegen „weh tun“. Und FDP-Sprecher Jens Pflaum forderte dazu auf, die Gerichtsentscheidung den Bürgern positiv zu vermitteln. Schließlich gehe es um eine zukünftig gerechtere Berechnung der Abwassergebühren.
Am Ende der Diskussion stimmte der Gemeinderat „wohl oder übel“ bei einer Nein-Stimme und einer Enthaltung der Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr auch in Reilingen zu.