Auch zukünftig die Kirchen mitten im Dorf belassen
30.01.11 (Reilingen)
Ökumenischer Festgottesdienst im Rahmen des 725-jährigen Gemeindejubiläums / Wendelinskirche nahezu bis auf den letzten Platz besetzt / Beeindruckendes Predigtgespräch von Pfarrerin Stefanie Nuss und Pfarrer Jürgen Grabetz / Kirchenmusikalisch hochwertige Umrahmung
Ganz im Zeichen des 725-jährigen Gemeindejubiläums stand am Sonntagmorgen ein ökumenischer Festgottesdienst, zu dem die katholische und evangelische Kirchengemeinden in die Wendelinskirche eingeladen hatten. Viele Reilinger waren dem weithin hörbaren Ruf der Glocken gefolgt und füllten das Gotteshaus nahezu bis auf den letzten Platz. Das Jubiläum sei Anlass genug, um Gott Dank zu sagen für 725 Jahre gemeinsames Leben in einer dörflichen Gemeinschaft, stellte Pfarrer Jürgen Grabetz gleich zu Beginn seiner Begrüßung fest. Und seine evangelische Kollegin Stefanie Nuss fügte ergänzend hinzu, dass es schön sei, dass katholische und evangelische Christen gemeinsam unter einem Dach einen Gottesdienst feiern könnten. Man wolle für all die Jahre danken, die nicht immer nur eine gute Zeit gewesen seien. So habe es in 725 Jahren manch hartes Wort und Streit gegeben – auch unter den Christen in Reilingen.
In einer gemeinsamen Predigt griffen die Geistlichen den Gedanken des sonntäglichen Evangeliums auf und begaben sich auf eine Schatzsuche durch die Jubiläumsgemeinde. Aus einer großen, vor dem Altar stehenden Truhe förderten sie im Laufe ihrer Ausführungen immer wieder neue Symbole zu Tage, die sie mit dem Dorf und den dort lebenden Menschen verbanden. So standen Äpfel und Birnen, Spargel und Tabak für die Landwirtschaft, die über Jahrhunderte das dörfliche Leben in Reilingen prägte. Als weitere „Schätze“ wurden die Kinder in der Spargelgemeinde ebenso erkannt wie die vielen Vereine als Träger einer intakten Dorfgemeinschaft. Genauso wichtig aber seien die Menschen, die in den vergangenen acht Jahrhunderten Glaube und Traditionen weitergegeben haben – und dies noch immer tun.
Nach Auffassung von Stefanie Nuss und Jürgen Grabetz sei aber der gemeinsame Glauben an das Reich Gottes der wichtigste Schatz, der untrennbar mit dem Leben der Menschen verbunden sei. Die beiden Kirchtürme seien dafür Symbole für Orientierung und Halt, würden inzwischen aber leider immer mehr zu einem nur noch schmückenden Beiwerk verkommen. Die beiden Pfarrer forderten dazu auf, die Jubiläumsfeierlichkeiten in Reilingen auch dazu zu nutzen, das Leben als ein Geschenk Gottes wieder zu erkennen, den „Schatz des Glaubens“ neu zu entdecken – und die Kirchen mitten im Dorf zu belassen.
Singen, Danken und Nachdenken waren am Sonntagvormittag nur ein Teil des Gottesdienstes, denn dieser wurde auch für Wünsche und Hoffnungen an die Zukunft genutzt. So baten Bürgermeister Walter Klein, sowie Isabell Czech, Klaus Benetti, Heinrich Dorn und Jens Pflaum als Vertreter der Gemeinderatsfraktionen in den Fürbitten nicht nur um den Schutz und Segen für Dorf, Menschen, Natur und Umwelt, sondern auch um Frieden im täglichen Leben, besonders aber aktuell in der arabischen Welt.
Für die musikalische Gestaltung des Festgottesdienstes sorgten unter der abwechselnden Leitung von Vera Pfannenstiel und Michael Leideritz die vereinigten Chöre der beiden Kirchengemeinden, die neben dem „Kyrie“ und dem „Gloria“ aus der „Messe brève no. 7“ von Charles Gounod auch das bekannte „Danklied“ von Joseph Haydn vortrugen. Begleitet wurden sie dabei von Eberhard Winge an der Orgel, zeitweise auch vom evangelischen Posaunenchor unter der Leitung von Markus Waldmann. Das Blechbläserensemble hatte mit der „Sonata zu 4 Stimmen“ von Daniel Speer den Festgottesdienst feierlich eröffnet, und sorgte mit der abschließenden Begleitung beim gemeinsam gesungenen „Großer Gott, wir loben Dich“ für dessen stimmungsvollen Ausklang. Und dass trotz der eisigen Kälte nach dem Gottesdienst die Menschen noch lange in Gruppen im Gespräch vertieft vor der Wendelinskirche beisammen standen, war nicht nur ein Beweis für die lebendige Ökumene in Reilingen, sondern auch dafür, dass ein Gottesdienst wie selbstverständlich zum 725-jährigen Gemeindejubiläum gehört.