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* Auf der Wersau stand einst "eyn gar wichtig Walfahrtskirch"

08.05.09 (Reilingen)

Neue interessante Erkenntnisse der Heimatforschung im Vorfeld der 725-Jahr-Feier der Gemeinde Reilingen / Spuren des früheren Pilgerwesens noch heute zu finden
Die Lage der Burg Wersau und des einst kleinen Dörfchens Reilingen an einem der bedeutendsten Pilgerwege des Mittelalters ist den Heimatforschern seit ein paar Jahren bekannt. Dank der intensiven Vorarbeiten von Ulrich Mehlhaus beim Zusammenstellen des „Reilinger Findbuches“, eine erläuternde Zusammenstellung aller den Ort und die Burganlage betreffenden Dokumente und Unterlagen im Generallandesarchiv Karlsruhe, stießen Philipp Bickle und Otmar Geiger von den Freunden Reilinger Geschichte auf Hinweise einer ehemaligen Wallfahrtsstätte im Bereich der Burg Wersau. Im Vorfeld der 725-Jahr-Feier im Jahr 2011 wurde die Erforschung der Bedeutung des Pilgerwesens verstärkt – und weitere neue Erkenntnisse gewonnen.
So berichten Archivalien und andere Quellen, dass Reilingen als auch Hockenheim bereits im Mittelalter als regionalbedeutende Pilgerorte galten. Die Ziele der Pilger aus der Umgebung waren in Hockenheim die alte Georgskirche mit der „wundertätigen Gottesmutter“ (diese gotische Statue steht heute in der Kapelle des Altenheims St. Elisabeth) und in Reilingen die dem heiligen Wendelin geweihte Kapelle im Bereich der Burg Wersau.
Die Pilgerbewegung entstammt der intensiven Volksfrömmigkeit der damaligen Zeit. Besonders St. Wendelin war bei der ländlichen Bevölkerung sehr beliebt, gilt er doch als Schutzpatron der Hirten und der Landleute, Bauern, Tagelöhner und Landarbeiter.
Um die große Zahl der Pilger auch zu versorgen, wurde am 10. Juni 1451 eine Wendelinsbruderschaft ins Leben gerufen. Vermerk sind in diesem Zusammenhang nicht nur die Pilger nach Hockenheim/Reilingen, sondern mehrfach die von weither zum Jakobusgrab in Santiago de Compostela ziehenden „gewaltig Pilgersleut von Wisseloch uff dem Weg zu Speir“, die in der Historie die Kapelle in der Burg Wersau, später dann die im Ort liegende Kirche als „eyn gar wichtig Walfahrtskirch“ aufsuchten.
Inzwischen ist auch bekannt, dass kranke Pilger „zu Rutling“ im Gutleutehaus (heute vergleichbar etwa mit einer Sanitätsstation oder einem Spital) gepflegt und versorgt wurden. Nach dem bisherigen Kenntnisstand lagen die nächsten Gutleutehäuser in Mosbach sowie in Speyer.
Vermerkt ist in verschiedenen Archivalien immer wieder auch eine Kirche/Kapelle „Sancte Winom“, angeblich zwischen St. Leon-Rot und Reilingen gelegen. Dort hätten die „Weitpilger“ (vermutlich Jakobspilger) stets „frisch Wasser im Sauberbrunen“ gefunden. Ob unter „Sauberbrunnen“ nun ein Brunnen mit frischem Wasser gemeint ist oder ein „Zauberbrunnen“, also wundertätiges Wasser, ist noch nicht näher belegt oder gar erforscht.
Belegt ist aber auch der „Herrenbuckel“, denn in einem Tagebuch eines Jakobspilgers (vermutlich aus dem Jahre 1398) ist zu lesen, dass man von „Wisslok“ kommend bereits „uff der Anhöhn“ nahe bei „Sancta Wendel“ (Wersau oder Reilingen) die „gottwohllöblich Speir Domkerch“ erblicken könne. Nach den topographischen Gegebenheiten kann damit nur der „Herrenbuckel“ gemeint sein, da die Erhebung „Hoher Stein“ im heutigen Gemeindewald wohl zu abseits gelegen sein dürfte.
Da die Pilger auf dem Weg nach Speyer stets die damals schnellste bekannte Route wählten, kann davon ausgegangen werden, dass sie hauptsächlich die „Kaiserstraße“, eine der bedeutendsten mittelalterlichen Fernverbindungen (Krakau-Prag-Nürnberg-Bad Wimpfen-Wiesloch-Reilingen-Lußheim-Speyer) nutzten. So passierten sie die Burg Wersau, sowie die Dörfer Reilingen und Lußheim, wo mit der Lossemer Fahr (Lußheimer Fähre) der Rhein überquert wurde. Berichtet wird aber auch von Pilger, die den etwas längeren Weg über Hockenheim wählten, um nach dem Besuch der Georgskirche über das Dörfchen Ensultheim die Fähre nach Speyer zu erreichen.

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