Außergewöhnliche Funde erfreuen die Hobbyforscher
07.11.10 (Reilingen)
Mitgliedern des Arbeitskreises Burg Wersau in den Arbeitsablauf vor Ort mit eingebunden / Neue Erkenntnisse über den Bau der Burg Wersau / Arbeiten gleichen einer spannenden Zeitreise
Für jemanden, der sich mit dem Ablauf von archäologischen Grabungsarbeiten nicht auskennt, glich das Wirken des Grabungsteams während der ersten Tage einem wilden Durcheinander. „Die machen ja mehr kaputt als dass sie was finden“, war mehr als einmal voller Entsetzen am Zaun des ehemaligen Burg- und Mühlengeländes zu hören. Vor allem der Einsatz eines Baggers irritierte die unerfahrenen Betrachter. „Ohne den Einsatz von schwerem Grabungsgerät hätten wir den engen Zeitrahmen nie einhalten können“, verdeutlichte Grabungsleiter Hans Peters die Situation vor Ort. „Nur mit Schaufel, Spaten und Hacke hätten wir die Arbeiten nie so schnell ausführen können.“ Kaum war die erste Grabungswoche vorüber, wurde bereits deutlich, wie richtig diese Entscheidung der erfahrenen Grabungstechniker war. Die ersten Mauerreste waren deutlich im Erdreich zu erkennen, aber auch massive Holzbalken und verschiedene andere Hölzer. „Wir sind hier im Bereich eines Feuchtgebietes“, erklärte Manfred Benner die Situation, „und unsere Vorfahren haben ihre Gebäude stets auf eine Art tief gegründeten Bodenrost gesetzt.“ Um den verschiedenen Funden im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund zu gehen, wurde das schwere Gerät mit Kellen, Schaufeln und anderem Hilfswerkzeug getauscht. Tag für Tag wurden die Fundbereiche deutlicher herausgearbeitet, die ersten Spekulationen und Deutungen konnten vorgenommen werden. Aber mehr als einmal entpuppte sich so manche Annahme dann ein Tag später als bereits wieder überholt.
Das vierköpfige Grabungsteam hatte aber nicht nur mit den Spaten und Schaufeln zu arbeiten, zugleich mussten die Funde auch dokumentiert, fotografiert und eingemessen werden. Und für alle Bodenprofile wurden in Handarbeit mit Hilfe eines Pantographen detailgetreue Zeichnungen erstellt. Zudem galt es, die Holzbalken zu bergen, zu untersuchen und dentrochronologisch zu analysieren. Erst wenn die Laborergebnisse vorliegen, wird man wissen, wie alt die Hölzer wirklich sind. Viel genauer kann man derzeit aber die keramischen Bodenfunde einschätzen, denn sie entstammen allesamt der Zeit zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert.
Außergewöhnliche Funde gelangen in diesem Zusammenhang auch einigen Mitgliedern des Arbeitskreises Burg Wersau. Bereits mit dem ersten Tag in den Arbeitsablauf vor Ort mit eingebunden, durfte das Grabungsteam der „Freunde Reilinger Geschichte“ den gesamten Aushub auf Fundstücke untersuchen. Man wurde fündig und förderte bisher so viele Scherben von Töpfen, Krügen, Bechern und Schalen zu Tage, wie man es eigentlich in diesem Umfang nicht erwartet hatte. Begeistert waren die Grabungsprofis als auch die engagierten Hilfskräfte aber vor allem über Fundraritäten: Teile von seltenen mittelalterlichen Fußbodenfliesen der Burg Wersau, oder glasierte Ofenkacheln aus dem Rittersaal oder der Kemenate. Und so mancher Becher- oder Glasfund erregte die Gemüter und ließ der Phantasie breiten Raum: Wer wohl daraus getrunken hat? Immerhin gehörten Kaiser, Könige, Kurfürsten und Bischöfe zu den Stammbesuchern der Burganlage an der alten Kaiserstraße zwischen Prag, Nürnberg und Speyer.