Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Dem Nachtwächter von "Suezingen" auf der Spur

07.12.05 (* Lokalreporter-Archiv)

Gleich über mehrere Jahrhunderte hinweg sorgten auch in Schwetzingen die Nachtwächter für Ruhe und Ordnung, ließen die Menschen im damals noch unbedeutenden Marktflecken ruhig schlafen.Vor allem in den kalten Winternächten zog der Nachtwächter in seinem dicken schwarzen Umhang mit hochgeschlagenem Kragen durch die dörflich geprägten Gassen zwischen dem Heidelberger und Speyerer Tor, schaute vor allem in die dunklen, meist sogar unheimlich wirkenden Ecken rund um die barocke Schlossanlage. Diese lag zwischen Oktober und Mai verlassen und einsam in unmittelbarer Nachbarschaft zum damaligen Schwetzinger Ober- und Unterdorf, das durch den prachtvollen Schlossplatz zu einer Einheit verschmolzen war.
In dieses Szenario entführte in der diesjährigen Adventszeit erstmals der in der Region bekannte Heimatforscher Otmar Geiger, der in der Figur des „Nachtwächters von Suezingen“ bewusst die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts für seinen historischen Stadtspaziergang ausgesucht hatte. „Es war eine spannende, ja aufregende Zeit“, wusste er immer wieder zu berichten und seine Geschichten aus der Geschichten machten die Teilnehmer an den immer ausgebuchten Rundgängen neugierig auf die lokale Stadt- und Heimatgeschichte.
Los ging es stets auf dem kleinen Platz vor dem Traditionswirtshaus „Adler-Post“, das schon damals ob seiner schlossnahen Lage zu den „besseren Häusern“ im Markt Schwetzingen gehörte. Von hier führte der abendliche Rundgang zunächst vorbei am Oberen Wasserwerk der Schlossgarten-Wasserspiele hin zum Leimbach, um sich bei der Kälte über den mit Ungeduld erwarteten Eisgang zu informieren. Nicht nur die Gastwirte, vor allem die vielen Braustätten im Dorf  von besonderer Wichtigkeit, um die Eiskeller bis in den nächsten Sommer kühl und frisch halten zu können.
Das Flackern der Kerzen im kurfürstlichen Gesandtenhaus wurde beim lebendigen Erzählen des Nachtwächters scheinbar ebenso wieder sichtbar, wie die vorweihnachtlichen Gerüche nach Labkuchen, Gewürze oder Bienenwachs über dem kleinen Marktplatz zwischen dem alten Rathaus und der Pankratiuskirche lagen. Hier ließ Geiger dann auch seine Rundgangsteilnehmer einen Kartoffellabkuchen nach einem Rezept aus dem Jahre 1743 kosten, um so auch geschmacklich in die Geschichte eintauchen zu können.
Überhaupt verband der Heimatforscher viele Stationen seines Rundgangs mit zur Jahreszeit passenden Passagen aus Brauchtum und Volkskunde, erzählte vom einfachen Leben der Menschen der damaligen Zeit, aber auch von deren Hoffnungen, Wünsche und Erwartungen. Die Küchen und Stuben im Glanz des „Weihnachtsmaien“ wurden so ebenso erlebbar wie später die dann mit Weihnachtsbäumen und Krippen geschmückten guten Stuben in den Häusern des Bürgertums in der neu angelegten Mannheimer  Straße, damals noch am Ortsrand gelegen.
Die Zeit verging den Zeitreisenden wie im Flug, ein Schluck vom traditionellen, recht viel Alkohol beinhaltenden „Adventswasser“ nahm etwas von der Kälte der Nacht. Und spätestens bei der Ankunft auf dem Schlossplatz war man dann aber wieder zurückgekehrt in das Schwetzingen von heute mit all seinen Lichtern, der Hektik und des Lärms. Während sich die Rundgangteilnehmer noch über einen kleinen Lichttopf für die heimische Weihnachtskrippe freuten, verschwand der Nachtwächter bereits wieder mit schlurfenden Schritten in der dunklen Nacht …

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