Kurpfalz Regional Archiv

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Die Jesuiten als Theologen und Baumeister

15.12.97 (Glaube & Religion)

Nur wenige Jahre nach der Zerstörung Heidelbergs und der Kurpfalz
durch die Truppen des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. im
Pfälzischen Erbfolgekrieg beauftragte Kurfürst Johann Wilhelm den
katholischen Jesuitenorden, in Heidelberg ein Kollegium zu
errichten. Da gerade zu dieser Zeit das Baumaterial knapp war,
stellte die kurfürstliche Verwaltung Steine vom zerstörten Dicken
Turm des Heidelberger Schlosses ebenso zu Verfügung wie Bauholz
aus der Schwetzinger Hardt. Der Sand kam aus dem Stadtgraben und
zahlreiche Bauern der Region mußten zur Beförderung des Materials
Frondienst leisten.

Um die wirtschaftliche Unabhängigkeit der neuen
Bildungseinrichtung zu sichern, sprach der Kurfürst den Jesuiten
das frühere Kloster Neuburg mitsamt seinen Besitztümern und
Einkünften zu. Stadtbaumeister Johann Adam Breunig hatte die
Bauleitung übernommen und konnte 1711 das Ende der Bauarbeiten
vermelden. Rund 40 Priester lebten in den Jahren bis 1773 in dem
neuen Gebäude zusammen. Ihre Aufgabengebiete erstreckten sich vom
Universitätsgelehrten, über den Seelsorger und Schullehrer bis
hin zum Studenten und Laienbruder für die Arbeit im Hause.

Die Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Architekten und
Stadtbaumeister wurde auch beim Bau der Jesuitenkirche (Beginn
1712) fortgesetzt. Die Arbeiten zogen sich über Jahre dahin und
konnten erst 1759 mit der Unterstützung des Kurfürsten Carl
Theodor und dessen Baumeister Franz Wilhelm Rabaliatti
fertiggestellt werden. Nach Ende der Bauarbeiten galt die
Begeisterung uneingeschränkt dem gelungenen Bauwerk mit seinen
zehn Altäre und dem Ausdruck der barocken Frömmigkeit im Innern
der Kirche. Das Erlöserbild über dem Hochaltar und die große
Erlöserstatue erinnerten daran, daß auch die Heidelberger nach
dem Vorbild der Hauptkirche des Ordens „Il Gesù“ in Rom zu Ehren
Gottes errichtet wurde.

Bereits 1706 hatten die Jesuiten nach einer Entscheidung des
Kurfürsten die Vorlesungen für Philosophie, Theologie und
Kirchenrecht an der Universität übernommen. Dazu wurden sieben
Jesuitenprofessoren angestellt. Einer der berühmtesten Jesuiten
an der Heidelberger Universität war der Astronom Christian Mayer,
der 1752 den neu gestifteten Lehrstuhl für Mathematik und
Experimentalphysik erhielt und im Dachgeschoß des Schwetzinger
Schlosses und hinter der Mannheimer Jesuitenkirche beim
Residenzschloß Sternwarten errichtete.

Für die jüngeren Schüler wurde 1715 bis 1717 das
Jesuitengymnasium in Heidelberg errichtet. Hier wurden
hauptsächlich geistes und naturwissenschaftliche Fächer gelehrt.
Bekannt waren zu jener Zeit aber vor allem die zahlreichen
Theateraufführungen, die selbst bei den Protestanten immer wieder
auf großen Beifall stießen. Auch die kurfürstliche Hofhaltung
erfreute sich an den kreativen Kräften der Schüler, von denen
nicht wenige auch aus protestantischen Familien stammten. Diese
hatten den Jesuiten ihre Kinder mit der Vorgabe anvertraut, daß
sie wegen ihrer Religion keinen Schaden erleiden sollten, was
auch über alle Jahre hinweg eingehalten wurde.

Die Jesuiten erwiesen sich auch als geschickte Baumeister, denn
1728 wurde für die Studenten aller Fakultäten auf Wunsch des
Kurfürsten Karl Philipp ein Wohnheim erstellt, in dem um 1770
über 130 junge Männer wohnten. In der Zeit zwischen 1750 und 1765
wurde durch den kurpfälzischen Landbaumeister Rabaliatti das
Seminarium Carolinum errichtet.

Zu den schönsten Sehenswürdigkeiten Heidelbergs zählt noch heute
die Madonna auf dem Kornmarkt unterhalb des Schlosses. Diese
wurde vom Kurfürsten beim Bildhauer Peter van den Branden 1718 auf
Anregung der 1713 von den Jesuiten gegründeten Marianischen
Bürgersolidarität in Auftrag gegeben. 1717 wurde von den Jesuiten
eine erste große Volksmission mit über 4.000 Teilnehmern
abgehalten. 1748 und 1750 kam eigens der Kurfürst Carl Theodor
mit seinem Hof zur Passionsprozession der Jesuiten am Palmsonntag
von Mannheim herübergeritten.

Der Kurfürst legte großen Wert auf die religiöse Bildungsarbeit
der Jesuiten und anderen Orden, um so dem katholischen Glauben
neue Ausstrahlung und Attraktivität zu verleihen. Die vielen
Madonnen und Heiligenfiguren an den Fassaden des barocken
Heidelbergs zeugen noch heute vom wiedergekehrten Volksglauben,
wie auch das Standbild des Heiligen Nepomuks, das 1738 auf der
Alten Brücke aufgestellt wurde.

Zu Beginn der 70er Jahre des 18. Jahrhunderts wurde der Druck der
absolutistischen Herrscherhöfe Europas auf Papst Klemens XIV.
immer stärker, denen die Macht und der Einfluß der Jesuiten auf
die Menschen in den Staaten zu groß geworden war. Der schwache
Kirchenfürst hob 1773 den Jesuitenorden auf. Kurfürst Carl
Theodor reagierte nur zögernd und widerwillig. Seine ganze Sorge
galt den ehemaligen Ordensangehörigen, für die er bestens sorgte.
Das Ordensvermögen der kurpfälzischen Jesuiten überschrieb er der
aus Frankreich kommenden Priesterkongregation der Lazaristen. Bis
1794 führten diese die Aufgaben der Jesuiten in Seelsorge,
Schule und Universität fort.

Quelle: unbekannt

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