Die Schloßanlage im Spessart
21.08.91 (Landschaft & Orte)
Selbst wer noch nie das idyllisch gelegene Wasserschloß
Mespelbrunn besucht hat, kennt es spätestens aus den bekannten
Spielfilmen, die sich rund um das „Wirtshaus im Spessart“ drehen.
In die Geschichte eingegangen aber ist die Schloßanlage mitten im
Spessart durch Erzbischof Johann von Mainz, der am 1. Mai 1412
dem Ritter Hamann Echter aus dem kurpfälzischen Teil des
Odenwaldes den Platz „Zum Espelborn“ für treue Dienste als
fürstbischöflichmainzerischer Forstmeister schenkte. Sieben
Jahre später baute er sich auf dem kleinen See ein befestigtes
Weiherhaus.
Sein gleichnamiger Sohn machte wegen der unruhigen Hussitenzeiten
zwischen 1427 und 1434 daraus ein festes Fachwerkhaus mit Mauern
und Türmen. 1429 richtete er im Wehrturm eine Kapelle ein. Er
stiftete dazu ein Kaplaneigut und baute ein Haus für den
Geistlichen. Den mittelalterlichen engen Andachtsraum beherrscht
das gotische Steingewölbe zwischen Apostel und Evangelisten in
Medaillons gefaßt, die zur „Ingelheimzeit“ 1729 gemalt wurden.
Den AlabasterAltar meißelte 1611 der Bildhauer Michael Kern. Die
Untergeschosse der Türme sind noch Zeugen der Epoche Hamann
Echters des Jüngeren.
1519 wurde in der Südecke des Hofes das heute noch mit
Wappenstein erhaltene Souterrain erbaut. Das alte Wasserschloß
aus dem Mittelalter fiel dem großzügigen Ausbau zum
Ranaissanceschloß zum Opfer. 1551 begann Peter Echter von
Mespelbrunn mit dem Bauwerk. Nach achtzehn Jahren hatte er ihm
seinen Stempel aufgedrückt. Die Wappensteine mit Jahreszahlen
berichten selbst in der heutigen Zeit noch von der etappenweisen
Fertigstellung der Schloßanlage. Im Schlußstein 1569 ließen sich
Peter Echter und seine Frau Gertraud von Adelsheim als
Doppelportrait verewigen.
Schreiner, Stukkateure und Maler waren beschäftigt, das Ambiente
des Renaissanceschloß zu gestalten. Eine niederländische
Wandermanufaktur fertigte 1564 den ältesten deutschen
Familienteppich mit den Bildern der Erbauer Peter und Gertraud
Echter samt ihren Kindern, Dienern und Bediensteten. Über Geburt,
Hochzeit und Tod der darauf vorgestellten Familienmitglieder mit
Sohn Julius Echter (später Fürstbischof von Würzburg und Herzog
von Franken) besagen handschriftliche Notizen in Andachtsbüchern.
Julius Echter wurde am 18. März 1545 im Turmzimmer von Schloß
Mespelbrunn geboren.
Adolf Echters Bauwerk zwischen Bergfried und Tor, von Baumeister
Wolf Beringer aus Würzburg, ist Vergangenheit wie die Gemälde
eines Augsburger Künstlers in der Hauskapelle. 1665 erlosch der
Mannesstamm der Familie Peter Echter. Der Besitz ging, nachdem
die letzte Echterin, Maria Ottila, den Vetter Philipp Ludwig des
Mainzer Kurfürsten Franz von Ingelheim geheiratet hatte, 1648 an
die Freiherren, späteren Grafen von Ingelheim. Mit des Kaisers
Erlaubnis führen sie noch bis heute Namen und Wappen der Herrn
von Echter weiter.
Die hufeisenförmige Schloßanlage ist heute noch im
Familienbesitz. Süd und Ostflügel werden privat genutzt. Durch
den Nordflügel mit seinen Sälen und historischen Gemächern sowie
die Kapelle können Führungen gemacht werden.
Aus: Rheinpfalz, 21.8.1991 awk