Die Schmuggler von Lußheim
09.05.91 (Geschichten & Erzählungen, Landschaft & Orte)
Altlußheim am 9. August des Jahres 1822: Im Auwald zwischen Altlußheim und Ketsch trifft gegen fünf Uhr morgens die entlang des Rheins eingesetzte Badische Zollschutzwache auf eine große Gruppe von Personen, darunter auch zahlreiche Einwohner Altlußheims, die illegal über die (Rhein) Grenze gebrachte Waren mit sich führen. Der Versuch der in Rheinhausen stationierten Zollschutzwache, nach dem Gesetze einzuschreiten, scheitert, da sich die Menge der Verhaftung widersetzte. Nach dem vorliegenden Polizeibericht sollen „es gar schrecklich viel Menschen, auch Weiber und Kinder“ gewesen sein, die sich in der Abgeschiedenheit des Auwaldes den staatlichen Ordnungskräften entgegenstemmten. Die Altlußheimer müssen mit ihrem Tun erfolgreich gewesen sein, denn sonst wäre dieses Zusammentreffen nicht aktenkundig geworden und hätte zu einer Anzeige wegen „Waaren Einschwärzung mit Widersetzlichkeit“ geführt. Wie in dem amtlichen Schriftstück, das heute im
Generallandesarchiv in Karlsruhe aufbewahrt wird, zu lesen ist, sind „viel Steyn“ geflogen, die den Polizei Brigadier Heinrich Saumer und den Gefreiten Johannes Gleichbaum bei ihrem „heldenhaften Einsatz“ verletzt hätten. Der „Bader Fleick zu Altlusheim“ hätte die beiden Verletzten versorgt und auch die „arg rampunierte“ Uniform sei wieder ausgebessert worden.
„So etwas kann nur passieren, wenn die Polizei Aufsicht in den Gemeinden Altlußheim und Ketsch sehr nachlässig gehandhabt würde“, stellte das Großherzoglich Badische Landkommissariat des Bezirksamtes in Schwetzingen fest. In einem Schreiben an die beiden Gemeindeverwaltungen wurde diese tadelnd aufgefordert „ungesäumt ausführlichen Bericht“ über den ganzen Vorfall zu erstatten. Amtmann Leirich wies zudem nochmals „nachdrücklichst“ auf die Notwendigkeit gut organisierter Nachtwachen in den Gemeinden hin und betonte, daß „die Wiederholung solcher Auftritte für Altlußheim und Ketsch sehr nachteilige Folgen haben“ würde.
Entlang des Rheines, also zur pfalzbaierischen Grenze hin, waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts bis Mitte der 30er Jahre immer wieder auch Altlußheimer als Schmuggler, auch „Einschwärzer“ genannt, unterwegs. Sie brachten, meist von Frankreich kommend, Wein, Tabak, Öl, Salz und Eisenwaren illegal in das Großherzogtum Baden. Vor allem der Schmuggel von Salz lohnte sich, da dieses wichtige Lebensmittel mit hohen Zöllen belegt wurde. Salz mußte aus staatlichen Salinen im Königreich Bayern
bezogen und ins Land importiert werden.
1828 machte das Zollschutz Commissariat in Karlsruhe in einem Schreiben an das Bezirksamt in Schwetzingen darauf aufmerksam, daß „neuerdings tödliche Verwundungen bei Gelegenheit von Mauthdefraudationen (Zollvergehen) stattgefunden hätten. „Bei diesen Vorfällen“, so der Zoll Commissär Kremer weiter, „hat sich gezeigt, mit welcher Verwegenheit der Schleichhandel von den Einwohnern Altlußheims getrieben wird, und welchem Unglücke sie sich durch diese strafwürdige Unternehmen aussetzen“.
Keine Frage, daß der Altlußheimer „Ortsvorstand“ pfeifenrauchend bei einem französischen Glas Rotwein dem Zollbeamten in der Residenz recht gab und versprach, „unterthänigst das Einschwärzen baldigst zu unterbinden“ … (og)