Kurpfalz Regional Archiv

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Eine spannende Zeitreise nach Hockenheim

30.07.05 (* Lokalreporter-Archiv, Brauchtum & Tradition)

Das alltägliche Leben in der Zeit des kurpfälzischen Barocks kennen wir eigentlich nur von den Höfen der weltlichen und geistlichen Fürsten in Mannheim, Schwetzingen und Bruchsal. Um den Kindern von heute das Leben von damals näher zu bringen, hatte die historische Tanzformation „I Danzatori Palatini“ gleich zu Beginn des Hockenheimer Kinderferienprogramms zu einer vergnüglich-interessanten und zugleich spannenden Zeitreise in das Hockenheim von 1750 eingeladen.
In der Lamellenhalle wurden die fast 20 Kinder zunächst mit den Grundinformationen für das Leben vor 250 Jahren versorgt. Um den Einstieg zu erleichtern, hatte die Tanzmeisterin Anna-Maria Avenius einen ländlichen Tanz aus der damaligen Zeit ausgesucht, der von den Buben und Mädchen zunächst noch mit einer gewissen Distanz einstudiert wurde. Um überhaupt auf die Reise gehen zu können, fertigte jedes der Kinder einen Wanderbeutel, um in diesem die Verpflegung, frisch gebackenes, deftiges Bauernbrot, etwas Wurst und einen Apfel zu verstauen.
Im Bereich der historischen Gärten im Gartenschaupark hatte der kurfürstliche Amtsmann Philipp Hönig sein transportables Büro aufgeschlagen, um den jungen Hockenheimern einen Passepartout für die Reise auszustellen. Dabei wurde verdeutlicht, dass zur damaligen Zeit die Menschen nicht einfach von Ort zu Ort reisen oder gar den kurfürstlichen Herrschaftsbereich verlassen durften. Dies war nur mit vorheriger Genehmigung und der Aushändigung eins Reisepasses möglich. An der Überführungsbrücke war dann auch die Reise kurz darauf vor einem weiß-blauen Schlagbaum zu Ende. Der dort eingesetzte Districtkommissär kontrollierte die Pässe und gab mit einem Stempelsiegel die Passage frei.
Die Reise führte durch die grüne Landschaft des Gartenschauparks hin zum Kneipp-Becken, das in der Fantasie der Zeitreise flugs zu einer Mühle wurde, wo eine erste Rast eingelegt wurde, um die Füße zu kühlen. Das weite Gelände war für die Kinder zugleich eine herrliche Spielfläche für alte Gruppen- und Einzelspiele. Die nahe Seebühne wurde dabei ins Geschehen mit einbezogen. Unter der Anleitung von Anni Avenius wurden einige historische Tänze einstudiert und das Leben an Hof vorgestellt. Den Kindern wurde im Laufe der Veranstaltung deutlich, als Mensch nur ein Teil des Kunstwelt des Barocks gewesen zu sein.
Viel realistischer wurde es, als Otmar A. Geiger von der Geschichtswerkstatt Hockenheim & Umgebung den Kindern plastisch vor Augen führte, wie sie vor 250 Jahren gelebt hätten. Anhand eines Tagesablaufs konnten die jungen Zeitreisenden das beschwerliche und karge Leben ihrer Urahnen nachvollziehen. Immer wieder ungläubig und erstaunt stellten sie interessiert viele Zwischenfragen – egal ob nun zur täglichen Hygiene (die es eigentlich so gut wie gar nicht gab), zum Schulbesuch (wenn überhaupt, dann meist in den Wintermonaten) oder zum Essen. Die Kinder waren sich dabei schnell einig, dass das Leben heute doch viel einfacher, hygienischer und abwechslungsreicher sei als zur damaligen Zeit.
An der Skulptur der Zigarrenwicklerinnen bekamen sie im weiteren Verlauf des geschichtlichen Spaziergang zudem einen Eindruck von der Arbeit in der Tabakmanufaktur. Und an der Kraichbach wurde ihnen die Bedeutung des Gewässers zur damaligen Zeit erläutert.
Mit dem aufziehenden Gewitter und dem einsetzenden Regen ging zwar der Ausflug in die Geschichte Hockenheims schneller zu Ende als zunächst geplant, aber dennoch blieb noch etwas Zeit, um auf die Geschichte des heiligen Nepomuks einzugehen. Die historische Tanzgruppe hatte bewusst dieses Thema ausgewählt, wurde doch vor 250 Jahren nicht nur der Bau der ersten steinernen Brücke über den Kraichbach abgeschlossen, sondern damals auch die Statue des Brückenheiligen aufgestellt. Als der Regen im stärker wurde, wurde kurzerhand die Durchfahrt von der Karlsruher Straße zum Parkplatz hinter St. Christopherus zur überdachten Bühne umfunktioniert
Und als die Tanzmeisterin die letzten Tänze ankündigte, waren auch viele Eltern nicht mehr zu halten, die zuvor auf ihre Kinder wartend, sich ebenfalls von der Zeitreise ins Hockenheim von 1755 hatten faszinieren lassen. (og)

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