Archäologischer Sensation auf der Spur?
17.01.13 (Reilingen)
Im Bereich der ehemaligen Burg Wersau bei Reilingen erste Spuren einer möglichen Besiedlung in der Bronze- oder Jungsteinzeit entdeckt / Eine flächendecke Besiedlung wäre einmalig in der ganzen Region / Dr. Folke Damminger stellt in Heidelberg Ergebnisse der archäologischen Grabungen seit 2010 vor
Der Bereich rund um die ehemalige Burg Wersau bei Reilingen ist noch für manche Überraschungen gut, vielleicht sogar auch für die eine oder andere historisch-archäologische Sensation. Dies ist jedenfalls das Ergebnis eines wissenschaftlichen Vortragsabends im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg, zu dem die Deutsche Burgenvereinigung den Mittelalterarchäologen Dr. Folke Damminger vom Regierungspräsidium Karlsruhe eingeladen hatte. Als zuständiger Grabungsleiter stellte er gleich zu Beginn seiner Ausführungen fest, dass die Erforschung der Burg Wersau seit über vier Jahren nicht nur die lokalen und regionalen Heimatforscher begeistern würde, sondern auch in der Welt der Wissenschaft für großes Interesse sorge. So war es nicht verwunderlich, dass der Große Salon im Palais Morass für so einen Vortragsabend außergewöhnlich gut besucht war. Burgenforscher aus dem Rhein-Neckar-Raum, aber auch andere Experten verschiedener Fachgebiete zeigten sich überaus interessiert am derzeitigen Forschungsstand, den ihnen Dr. Damminger anhand von zahlreichem Karten- und Bildmaterial ausführlich darstellte. Rückblickend auf die Zeit vor 2007 stellte er fest, dass bis auf wenige Historiker und Heimatforscher wohl niemand mehr geglaubt habe, dass von der Burg Wersau noch irgendwelche Spuren zu finden seien. Inzwischen hätten die archäologischen Ausgrabungen des Landesamtes für Denkmalpflege, sowie eine Lehrgrabung der Universität Heidelberg nicht nur zahlreiche Mauern- und Fundamentreste zu Tage gefördert, sondern dank dem Engagement des Arbeitskreises Burg Wersau der Freunde Reilinger Geschichte konnten zudem aus den angeschnittenen Kulturschichten auch Tausende von Fundstücke geborgen werden. Dabei seien vor allem die Ofenkacheln von besonderer Qualität gewesen. Mit den gefundenen und im Rhein-Neckar-Raum bisher unbekannten grün glasierten Biberschwanzziegeln, konnte zudem der Beweis für eine besonders hochwertige Ausstattung der früheren Burg geführt werden. „Die Ausgrabungen und die begleitenden historischen Forschungen in Archiven haben dazu geführt, dass die regionale Geschichte zwar nicht neu geschrieben, wohl aber in vielen Teilen geändert und ergänzt werden muss“, so Dr. Folke Damminger.
Als eine kleine wissenschaftliche Sensation seien aber die überraschenden Funde aus der frühen Bronzezeit oder dem noch früheren Neolithikum zu werten. Die in den letzten Wochen und Monaten erfolgte Auswertung der letztjährigen Grabungskampagne mache neugierig: „Könnte eine Siedlung aus der Bronze- oder Jungsteinzeit in Reilingen flächendeckend nachgewiesen werden, wäre dies eine archäologische Sensation und einmalig in der weiten Umgebung.“
Da zugleich aber auch erste Spuren aus der Römerzeit gefunden wurden, gelte der Bereich Wersau inzwischen als archäologisch wertvolles Fundgebiet und sei in großen Bereichen als konservatorische Tabuzone eingestuft, in der keine Baumaßnahmen mehr durchgeführt werden dürfen.
Trotz der vielen spannenden Ergebnisse und vielen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, könne der Bereich Wersau bundesweit gesehen – vor allem was die dringend notwenigen Fördergelder angehe – aber (noch) nicht in die ersten Liga der deutschen und europäischen Archäologieprojekte eingestuft werden. “Es bleibt aber spannend, so dass die archäologischen Forschungen fortgesetzt werden könnten”, so der Vertreter des Regierungspräsidiums. Da aber derzeit die entsprechenden Landesmittel für ein Projekt “Archäologie als fortlaufender Prozess” nicht zur Verfügung stehen würden, sei es nun an der Gemeinde Reilingen, als Grundeigentümer eine Entscheidung über die weitere Vorgehensweise zu treffen. “Lohnend wäre es allemal”, zumal mit dem Arbeitskreis Burg Wersau eine engagierte und hoch motivierte Gruppe von ehrenamtlich tätigen Heimatforschern zur Verfügung stehe.