* Haben wir doch recht – oder was …?
14.10.10 (* Wersau-Forschung, * Wersauer Tagebuch)
Wie gestern beim großen Treffen angekündigt, rückt heute früh der Bagger an, um die beiden Fundstellen direkt vor dem Gebäude der Schlossmühle miteinander zu verbinden. Zugleich wurde aber auch das „erfolglose Loch“ direkt am Zaun unter der Pappel wieder zugeschoben. Schade, aber für was das Loch mit dem Grundwasser offen lassen? Ein letzter Versuch, doch noch ein paar Mauern zu finden (dort, wo sie von Oskar vermutet werden), schlägt fehl – nichts zu finden. Dafür wir der Bagger aber direkt an der Kellermauer fündig – und wie …
Erinnern wir uns noch mal kurz zurück: Als der Denkmalschutz für das ehemalige Mühlengebäude aufgehoben wird, trifft unsere Reaktion (und mein darauf folgender Artikel) die Leute vom Denkmalschutz hart. In offener Kritik nie zimperlich, hatte ich dem zuständigen Referat 26 im Regierungspräsidium vorgeworfen, einmal mehr (nach der Hockenheimer Zehntscheune) wieder nur vom Schreibtisch aus nach Aktenlage entschieden zu haben. Dieser Vorwurf führt zunächst zu einer Verstimmung, dann aber scheinbar doch zu einem Einlenken. Wie sagte doch gestern noch ein LDA-Vertreter: „Wir machen einen Stich, damit ein für alle mal Ruhe ist mit dem Gerücht vom alten Kellergewölbe. Genauso wie mit dem Geheimgang …!“ Ich stimmte ihm zu, die daraus resultierenden Erkenntnisse ohne Wenn und Aber akzeptieren zu wollen.
Aber es kommt alles anders: Als der Bagger zum Aushub seine Schaufel in die Erde senkt, knirscht es bereits verdächtig. Für erfahrene Archäologen und Grabungstechniker eine Schrecksekunde, denn sie wissen: Da muss was sein, da sind wir auf was gestoßen. Noch weiß niemand, was sich hinter dem Knirschen verbirgt, aber wenige Minuten später ist klar: Nichts mit einem Stich in die Tiefe, denn bereits 30 cm unterhalb der Grasnarbe kommen Maueransätze zu Tage, und das an gleich mehreren Stellen. Waaaaaahnsinn!
Freunde, Ihr werdet es nicht glauben, ich freue mich wie ein Kind am Heiligen Abend, vielleicht auch wie ein Schneekönig! Wie dereinst Boris Becker recke ich meine Faust gen Himmel und mein lautes „JAAAAAA!“ ist in diesem Moment mit Sicherheit weithin zu hören.
Ich gebe zu, noch habe ich keine Ahnung, was dieser für alle sensationalle Fund für uns, die Burg Wersau, die Gemeinde Reilingen und unsere Forschungsarbeiten zu bedeuten hat. Obwohl nur wenige Zentimeter unter der Grasnarbe waren weder die Geophysiker noch unser Oskar mit seiner Wünschelrute an dieser Stelle fündig geworden. Und ich gebe zu, dass ich auch garantiert nicht heute Nacht vor Ort gewesen bin, um ein paar Mauerreste zu verbuddeln …
Was haben die Mauerreste nun zu bedeuten? Großes Achselzucken, keiner möchte sich in diesem Moment festlegen. Da müsste man weiter graben …! Ein hehrer Wunsch, denn Ende Oktober ist zunächst mal Schluss mit Ausgrabung auf der Wersau, und nach dem „Tag der offenen Tür“ am 6. November soll ja auch noch der gesamte Fundbereich wieder zugeschoben werden. Meine Gedanken überschlagen sich, „was wäre wenn“ dröhnt es in meinem Kopf.
Habe nämlich heute im Internet einmal mehr zahlreiche Beispiele aus anderen Städten und Gemeinden (auch in Baden-Württemberg) gesehen, wo solche Funde sehr wohl offen blieben und konserviert wurden. Dann aber regt sich wieder ein Fünkchen Vernunft und ich sage mir, dass wir jetzt den Beweis haben, dass da und dort was ist – und wir erst mal getrost über Winter zuschieben können, denn mein, nein besser gesagt:
Das Ziel unser aller Bemühungen müssen Lehrgrabungen durch die Universität Heidelberg sein!
Dann nämlich werden wir erst wirklich sehen, was in dem ehemaligen Burg- und Mühlengelände wirklich drin steckt. Und ich bin mir sicher, dass in diesem Moment alle von uns das Gleiche denken: „Haben wir doch recht – oder was?“ Ich jedenfalls bin mir sicher, dass die Zukunft der ehemaligen Burg Wersau soeben erst begonnen hat. Und am Samstag ist ein neuer Tag, dann geht’s endlich an die Kernburg …