Handwerkliche Eistradition seit 1925
09.06.99 (Personalia, Speisen & Getränke)
Das Eiscafé Bertolini in Speyer
Zu einem Besuch im sommerlichen Speyer gehört auch seit Generationen, sich ein köstliches Eis zu gönnen. Bereits Opa und Oma holten ihr Eis „beim Bertolini“, heute ist es nicht anders.
Die Familie Bertolini stammt aus Montagne, ein Bergdorf im Trentino. Da es in der italienischen Heimat nur wenig Arbeit gab, emigrierten die Bertolinis bereits Anfang des Jahrhunderts nach Deutschland. Sie fanden hier eine neue Heimat und Arbeit: erst als Schwellenarbeiter und Scherenschleifer, später als Südfrüchteverkäufer und Eishersteller.
Schon 1925 wurde die erste Eisdiele von Fiorino Bertolini in Speyer gegründet. 1927 wurden von Arturo Bertolini in Bruchsal und 1930 von Tranquillo Bertolini in Neustadt a.d.Weinstraße die nächsten Eisdielen in der Kurpfalz eröffnet. Geblieben ist jedoch die Treue zur Heimat in Italien. Da die Eissaison auf die Sommermonate beschränkt ist, fuhren viele im den Winter zu ihren Familien in Italien, um im Frühjahr ihre Eisdielen wieder aufzumachen. Und dieser Tradition folgt man noch heute. Im Sommer betreibt man die Eisdiele, im Winter ein Café, eine Pizzeria oder einen Skilift in den Dolomiten.
Die Liebe zu „Bella Italia“ in den 50er Jahren führte dann zu einem Boom: Überall in der Region zwischen Weinstraße und Bergstraße schossen die Eisdielen wie Pilze aus dem Boden. Jeder Italienreisende genoß dort bei Gelati und Capuccino „sein Stück Italien“ und verlängerte so seinen Urlaub.
Während die Herstellung von industriellem Speiseeis längst kein Geheimnis mehr ist, achten die handwerklichen Eiskonditoren genau darauf, daß ihr altes Familienrezept und das Verfahren zur Eisherstellung nicht bekannt wird. Es ist nur soviel zu erfahren, daß zunächst die „Base“ aus Milch, Zucker, Dextrose, Magermilch, Eigelb und Sahneerstellt werden muß. Diese wird dann heutzutage im Pasteurisierautomat vollautomatisch auf 85 Grad Celsius erhitzt, um anschließend im Kühl- und Reifungstank sofort auf vier Grad abzukühlen. Nach einer zwölfstündigen Reifung wird die Masse von vier Grad Celsius durch die Zugabe weiterer Zutaten wie etwa Kakao, Bananen oder Vanilleschoten in der Eismaschine zum beliebten und typisch-cremigen Speiseeis à la Italia. (og)