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Zwischen Verwunderung und Ausverraub

18.09.06 ("Hoggemer Perspektiven", * Lokalreporter-Archiv)

Hoggemer Perspektiven (8)

Nein! Nein! Nein! Diese Informationspolitik der Hockenheimring GmbH ist wahrlich nicht mehr zu verstehen – jedenfalls nicht vom normalen Hockenheimer Bürger. Erinnern Sie sich doch mal bitte ein paar Wochen zurück: Wurde da nicht in regelmäßigen Abständen mitgeteilt und bundesweit in den Medien davon berichtet, dass die Formel 1 inzwischen ein Verlustgeschäft sei und man Bernie Ecclestone vorschlagen wolle, den Großen Preis von Deutschland zukünftig wechselweise mit dem Nürburgring veranstalten zu dürfen. Das reduziere weitere Verluste, war fast flehendlich aus dem Motodrom und dem Hockenheimer Rathaus unisono zu vernehmen. Die folgenden Informationen lauteten dann, dass man „mit dem Nürburgring einig sei“.
Also gut, dann nur noch alle zwei Jahre Formel 1 in der Rennstadt. Die Bürger hatten es verstanden, mancher vielleicht auch bedauert – aber gut, wenn es zur Sanierung der Traditionsrennsportanlage im Hardtwald beiträgt. Nach dem letzten Grand Prix dann die Information, dass man mit dem Formel 1-Zampano Bernie soweit einig sei – zumal ja auch der diesjährige Große Preis ein weiteres Defizit von rund drei Millionen Euro eingefahren habe. Und als dieser Tage der Formel 1-Kalender für 2007 ohne ein Rennen in Hockenheim veröffentlicht wurde, schien es für kurze Zeit so, als ob sich der Hockenheimer Wunsch erfüllt habe.
Die ersten Medienberichte darüber wurden von der Ring GmbH plötzlich mit „frech“ kommentiert (lesen Sie dazu mehr im Abgesang Teil 6 in der HOCKENHEIMER WOCHE vom 6.9.2006). Erstaunen! Verwunderung! Und wenige Tage später war in regionalen und überregionalen Medien zu lesen, dass der Pressesprecher der Hockenheimring GmbH, Hartmut Tesseraux (übrigens noch ernst und gut gemeinte Glückwünsche zum 60. Geburtstag!), erklärt habe, dass „wir nach wie vor im engen Kontakt mit verschiedenen Verhandlungspartnern sind“. Schließlich arbeite man daran, auch im kommenden Jahr, also 2007, den Großen Preis von Deutschland auszutragen! Wie bitte? Haben wir uns verhört oder irgendetwas falsch verstanden? „Wollen die uns jetzt tatsächlich für blöd verkaufen?“ – eine verständliche Reaktion vieler Hockenheimer Bürger.
Und selbst einige Ratsmitglieder verstehen die Welt (in der Rennstadt) nicht mehr. Angesprochen auf dieses „Rein in die Kartoffel, raus aus den Kartoffel“, reagierten sie am Rande des Straßenfestes in Reilingen oder beim HTZ-Jubiläumsfest mit Kopfschütteln und hatten auch keine Antwort parat. „Wir wurden vorab nicht informiert!“ Dass diese Art der Informationspolitik in Hockenheim bereits seit Jahren den Normalzustand darstellt, verwundert inzwischen fast niemanden mehr. Aber was derzeit mit den mündigen Bürgern in der Stadt getrieben wird, das schlägt sprichwörtlich dem Fass den Boden aus. „Ich bin doch nicht blöd – oder was“ kommt sich inzwischen so mancher Hockenheimer in Abwandlung eines bekannten Werbespruchs vor. Kein Wunder also, dass inzwischen nicht nur an Stamm- und anderen Tischen gefordert, ja förmlich darum gefleht wird, doch endlich, endlich das „M…“ aufzumachen und zu sagen, was wirklich geplant ist. Von Geheimniskrämereien hat man jedenfalls derzeit genug.
Auch in Sachen Zehntscheune scheint noch längst nicht alles so zu laufen, wie dies in einer Absichtserklärung festgehalten wurde. Sicher haben die Proteste im Dezember und Januar 2004/2005 dazu geführt, dass dieses historische Gebäude nicht klammheimlich abgerissen wurde. Der Vorschlag der Stadtverwaltung und des Gemeinderats, das Gebäude abzubauen und für einen Wiederaufbau hinter der alten Georgskirche einzulagern, schien gut und vernünftig in Zeiten leerer Kassen.
Aber die bereits damals geäußerte Befürchtung, dass man am Tag des Aufbaus aber wahrscheinlich die Steine, Balken und Ziegel nicht mehr finden würde, scheint sich tatsächlich zu bewahrheiten. Es kann doch wohl nicht wahr sein, was dieser Tage ein altgedienter Kommunalpolitiker so im Nebensatz erwähnte: „Ich hab mir auch ein paar vun dene alde Steener gholt – un a ä paar Ziggel!“
Um der Hoggemer Stadtgeschichte Willen, was kommt denn da schon wieder für ein „Gespenst“ auf uns zu? Ich jedenfalls bin mal gespannt, was am Ende von der alten Doppelgiebel-Kameralscheune und der Hoffnung auf Wiederaufbau wirklich noch übrig bleibt, wenn diesem Ausverraub oder Raubverbau nicht schnellstens ein wirklicher Riegel vorgeschoben wird! Otmar A. Geiger
In der nächsten Ausgabe der HOCKENHEIMER WOCHE werden wir uns dann, sofern die anstehende Bürgermeisterwahl nicht wieder neuen Stoff zum Kommentieren liefert, dann wirklich mit der Frage beschäftigen, was eigentlich aus den so hoch gelobten Ergebnissen eines Wettbewerbs für Stadtplaner in Sachen Umgestaltung der Hockenheimer Innenstadt wurde – und was noch zur Verbesserung der Situation beitragen könne … .

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