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"In diesem Dom singen zu dürfen, ist etwas ganz Besonderes"

18.04.06 (Speyer)

Österlicher Blick hinter die Kulissen der Dommusik in Speyer / Besondere Herausforderung für Domchor, Solisten und Musiker / Probenarbeit geht intensiv weiter
Bei aller spiritueller und theologischer Bedeutung ist das Osterfest mitsamt der vor ihm liegenden Karwoche gerade im Kaiserdom zu Speyer auch ein kirchenmusikalisches Ereignis – und damit zugleich eine ganz besondere Herausforderung an die Dommusik.
Bereits Wochen vor dem höchsten Fest der Christenheit beginnen für die Sängerinnen und Sänger des Domchors die Vorbereitungen. Immerhin stehen nicht nur fünf Gottesdienste und Pontifikalämter auf dem Programm, auch das traditionelle Passionskonzert will vorbereitet sein. Zu den wöchentlich zwei Proben kommen so kurz vor Ostern auch noch zahlreiche Sonderproben, außerdem müssen auch geschulte und regelmäßig trainierte Stimmen vor einem Auftritt stets eingesungen werden.
Dies ist auch am Ostersonntagmorgen so, an dem sich nach kurzer Nacht alle Sängerinnen und Sänger, darunter auch viele jugendliche Aktive aus der Domsingschule, bereits kurz nach 8 Uhr auf den Festgottesdienst mit Bischof Dr. Anton Schlembach und dem gesamten Domkapitel einstimmen. Noch vor wenigen Stunden war man gemeinsam auf der Empore im Dom gestanden, um die Feier der Osternacht musikalisch zu umrahmen.
Jetzt am Ostermorgen sitzen alle mehr oder minder ausgeruht im Probensaal des Friedrich-Spee-Hauses am Dom. Während es draußen leicht nieselt und bereits die ersten Gottesdienstbesucher in die größte romanische Kathedrale der Welt strömen, findet drinnen die erste und auch einzige gemeinsame (und dann auch noch recht kurze) Probe mit dem Festivalorchester „Dom zu Speyer“ statt. Domkapellmeister Professor Leo Krämer hat aus Anlass des Mozart-Jahres dessen „Missa brevis et solemnis in C-Dur“ für das Pontifikalamt ausgewählt. Besser bekannt als „Spatzenmesse“, passe sie, so der Maestro, besonders gut zum Frühling und das Osterfest.
Als die Sängerinnen, Sänger und Musiker die 102 ausgetretenen Stufen zur Orgelempore hinaufsteigen, ist der Dom bereits übervoll. Ostern ist, wie auch Weihnachten, ein ganz besonderes Ereignis, das viele Christen aus Nah und Fern immer wieder gerne in diesem über 1000-jährigen Gotteshaus gemeinsam feiern. Und sich sicher auch auf die inzwischen weithin bekannte Dommusik freuen, die hier ebenfalls seit über einem Jahrtausend gepflegt und ausgeübt wird.
Erst mal auf der engen Empore eingerichtet, läuft alles in gewohnter Routine und Erfahrung ab. Sind „Kyrie“ und „Gloria“ erst einmal verklungen, bringt die Predigt eine kurze Verschnaufpause. Man setzt sich hin, schließt die Augen, lauscht den Worten des Bischofs. Leise werden hie und da Getränke ausgepackt, um die trockene Kehle zu „ölen“. Hin und wieder sieht man ein Grinsen, dann hat wohl der Nachbar wieder ein kleines Späßchen gemacht. Das muss nach der Anstrengung der letzten Tage auch mal sein, und hat mit Unernst oder Respektlosigkeit nichts zu tun. Wenn es zu unruhig werden sollte, reicht meist ein kritischer Blick des Domkapellmeisters. Aber spätestens, wenn der Maestro seinen Taktstock wieder hebt, stehen alle dicht gedrängt wieder auf ihren Plätzen und sind voll konzentriert. Immerhin ist drunten im Kirchenschiff Gottesdienst und die Musik ist ein wichtiger Teil davon. Plötzlich ist ein leises Schnarchen zu hören, einer der Sänger ist doch tatsächlich für Sekunden eingenickt. Um dies zu vermeiden, ist eine Sängerin zu diesem Zeitpunkt in einen Schnellkurs „Russisch“ vertieft, steht doch im Juni ein Gastspiel des Domchores in St. Petersburg an.
Schmunzeln auf der Empore als Leo Krämer in seinem Vorspiel zum Kirchenlied „Dies ist der Tag den Gott gemacht“ scheinbar Spatzengezwitscher aus der Orgel erklingen lässt. Und als plötzlich ein kurzes „Kuckuck“ zu hören ist, sorgt dies vor allem bei den jungen Sänger für Heiterkeit. Für die Kleinsten des Domchores ist alles noch recht aufregend: Zum ersten Mal singen sie mit den Großen gemeinsam an Ostern. Ein beeindruckendes Ereignis, das prägt und an das man sich ein Leben lang erinnert – auch wenn manchmal die Zeit lang wird.
Beim „Donna nobis pacem“ aus dem „Agnus Dei“ strahlt auch der Domkapellmeister, sein Daumen zeigt nach oben. Mit das höchste Lob, dass Leo Krämer seinen Sängerinnen, Sänger und Musiker während eines Auftritts ausspricht. Notenwart Thomas Gärtner hat derzeit alle Hände voll zu tun, die Partituren der verschiedenen Stimmlagen einzusammeln. Nach Mozarts Meisterwerk steht nämlich noch Händels „Halleluja“ auf dem Programm. Mit diesem wohl schönsten Stück, das je zur Verdeutlichung der Osterfreude geschrieben wurde, wird nach der traditionellen Marienverehrung „Regina caeli“ der österliche Festgottesdienst ausklingen.
Als von unten der Beifall aufbrandet, löst sich auch die Anspannung bei Leo Krämer. Er applaudiert seinen Aktiven, dankt besonders den Solisten Judith Janzen (Sopran), Susanne Schaeffer (Mezzosopran), Michael Wagner (Tenor), Vinzenz Haab (Bass) und Elke Völker (Orgel). Nach der kirchenmusikalischen Marathonwoche verabschiedet der Domkapellmeister alle mit dem Hinweis, dass zwar in der anschließenden Osterwoche keine Probe sei, es dann aber konsequent mit der intensiven Probenarbeit weitergehe: „In 50 Tagen ist Pfingsten!“ Außerdem müssen die Konzerte in St. Petersburg und Rom, sowie während der Internationalen Musiktage vorbereitet werden. Ein stilles, aber zustimmendes Nicken in der Runde. Schließlich ist für alle die Dommusik ein Teil ihres Lebens. Und zwar ein ganz besonderer und prägender – trotz aller Anstrengungen und Herausforderungen. „In diesem Dom singen zu dürfen und die Freude der Gottesdienstbesucher mitzuerleben – das ist etwas ganz Besonderes und Lohn für alle Mühen und Entbehrungen“, stellt die 17-jährige Barbara beim Abstieg von der Empore fest. Die anderen nicken zustimmend und freuen sich jetzt aber auf ihr ganz privates Ostern.

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