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Ist Speyer eine geplante Stadt?

10.10.15 (Forschung & Archäologie, Städte & Gemeinden)

Von der Römerstadt über die Bischofstadt zur Kaiserstadt
Die Bürger Speyers haben allen Grund, auf die zweitausendjährige Geschichte ihrer Stadt stolz zu seins, doch verführt diese Begeisterung sie leicht dazu, eine ungebrochene Kontinuität der an diesem Ort vorhanden gewesenen Besiedlungen zu behaupten. Dies würde mit der historischen Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Zwar weist der Siedlungsraum am Rhein insoweit eine Kontinuität auf, dass hier seit unvordenklicher Zeit Menschen gelebt haben, doch gab es im Laufe der Geschichte hier drei voneinander sehr unterschiedliche Ansiedlungen, die nach ihren Zwecken und Verfassungen nichts oder doch nur wenig miteinander zu tun hatten. Das deuten bereits die Ortsnamen an, die man den Siedlungen im Laufe der Geschichte beilegte. Die keltische hieß Noviomagus, die römische Nemetum und die mittelalterliche – erstmals 614 – Spira, wobei aber bis in das 11. Jahrhundert auch Nemetum in Gebrauch war.
Am historisch deutlich fassbaren Anfang war der Ort ein an der stets stark befestigten Rheingrenze des Imperium Romanum gelegener Militärstandort, eine Römerstadt. Weniger Kenntnisse als über das Römerlager besitzt die Forschung über die Geschichte der diesem nach dem Zusammenbruch der Rheingrenze im 5. Jahrhundert folgenden frühmittelalterlichen Bischofsstadt. Grundverschieden von diesen ersten beiden war die durch den ersten Salierkaiser Konrad II. (reg. 1024 -1039) gegründete Kaiserstadt. Nur um die letztere geht es im Folgenden.
Die Speyerer Geschichtsforschung neigt zwar dazu, um der Ehre ihrer Stadt willen eine möglichst weitgehende historische Kontinuität von Römerstadt, Bischofsstadt und Kaiserstadt anzunehmen. Darüber hat man aber auch in Speyer nicht vergessen, dass mit dem Kaisertum Konrads II. kein mehr oder minder gleitender Übergang von der späten ottonischen Bischofsstadt zur salischen Kaiserstadt stattfand, sondern dass mit dem Regierungsantritt Konrads II. etwas völlig Neues begannt.
Mit Recht immer wieder zitiert wird der Text der Vita Bennonis, eines Bischofs von Osnabrück: „Die Stadt Speyer war gerade zu der Zeit, da sie, verarmt und vor Alter baufällig, fast aufgehört hatte, ein Bischofssitz zu sein, durch die Fürsorge und den frommen Eifer der Kaiser, die gegenwärtig dort begraben liegen, umgestaltet worden, wie man jetzt dort sieht, und neu erstarkt. Denn jene frommen Kaiser schienen es sich zum löblichen Vorsatz gemacht zu haben, weil es ihnen versagt war, aus ihren reichen Mitteln im Reiche ein neues Bistum zu gründen, dieses damals fast ganz herabgekommene Speyer auf ihre Kosten zu verjüngen und ihrem Gedächtnis zu weihen.“
Nun kann man zwar das in diesem Text zweimal verwendete Wort reformare entsprechend dem lateinischen Wortsinn und heutigen deutschen Sprachgebrauch als das „Erneuern“ und „Wiederherstellen“ eines einst makellos gewesenen, im Laufe der Zeit aber verdorbenen Zustandes deuten und daraus auf eine historische Kontinuität schließen. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht. Das Wort reformare hat im Mittellateinischen auch die weiter gehende Bedeutung von „ersetzen, entschädigen, retten, erlösen und befestigen“. Zudem findet das Handeln Kaiser Konrads II. an anderer zeitgenössischer Stelle auch eine eindeutigere Bezeichnung durch das Wort „condere / gründen“; so in den Wendungen „Spira conditur“ und „Spiram civitatem condidit“.
Bei alledem fand diese Neugründung der Kaiserstadt auf zum Teil bereits besiedeltem Boden statt. Es gab die dortige Bischofsstadt. Im Jahre 969 hatte der Speyerer Graf Otto II. alle seine Rechte an Speyer dem Bischof geschenkt, sodass die Bischöfe für die nächsten 150 Jahre die Herren Speyers waren. Motiv dieser Schenkung dürfte es gewesen sein, dass die Bischofsstadt dem Grafen wertlos war. Diese Annahme wird gestützt durch die Mitteilung Bennos, der Ort sei so heruntergekommen gewesen, dass man ihn kaum noch eine Bischofsstadt habe nennen können. Andererseits darf aber nicht übersehen werden, dass die Bischöfe noch die Kraft besaßen, das ottonische Speyer um das Jahr 946 mit einer Stadtmauer zu umgeben.
Insgesamt aber war das Bistum zur Zeit des Kaisers Konrad II. so verarmt, dass der Kaiser unbehindert vom Bischof und dessen Rechten als Stadtherr eigenmächtig seine Entscheidung treffen konnte, hier seine Kaiserstadt zu gründen. Dies wäre ihm vermutlich ohne die wirtschaftliche und damit auch politische Ohnmacht der Bischöfe weitaus schwerer gefallen.
Es mag dies auch einer der Gründe der Wahl Speyers gewesen sein. Das deutet auch die Bemerkung des Bischofs Benno an, Konrad habe statt der Ausübung seines Rechts auf Gründung eines Bistums die Gründung der Kaiserstadt Speyer als die kostengünstigere Alternative zur Einrichtung eines neuen Bischofssitzes gewählt. Wo und wie anders als durch den Bau seines Doms und seiner Stadt hätte er den Rang seiner Familie besser zur Anschauung bringen können?
Es mag insbesondere das Motiv des Kaisers gewesen sein, dass er selbst dem Geschlecht der Grafen des Speyergaus entstammte. Ebenso wichtig, womöglich wichtiger für das Verständnis der Anfänge der Kaiserstadt Speyer als die Schriftquellen dürften neben den Ergebnissen der Archäologen die Forschungen der Historischen Stadtvermesser sein. Hier haben die Forschungen Klaus Humperts und Martin Schenks speziell für Speyer zu einem Ergebnis geführt, das Anlass zu einer neuen Erörterung der Gründungsgeschichte der salischen Kaiserstadt Konrads II. geben kann. Sie fassen das Ergebnis ihrer Vermessung der Straßen Speyers in den Worten zusammen:
„Die Forschungsergebnisse zum mittelalterlichen Grundriss von Speyer gehören zu den aufregendsten Erkenntnissen im Rahmen der vorliegenden Arbeit, sind doch alle Forschungen zur mittelalterlichen Stadtplanung in dieser Stadt angeschnitten. Es lässt sich nachweisen, dass der Bau des Kaiserdoms und die Planung der Stadt eine gemeinsame große Baumaßnahme waren. Schon die ersten Vermessungsanalysen ergaben, dass die wesentlichen geometrischen Konstruktionen in der Vierung des Doms ihren Ausgangspunkt haben. Hier liegt der Startpunkt M1 der Vermessung. Da die geometrischen Konstruktionen und Achsen sehr präzise sind, kann eine solche Einmessung nicht aus einer im Betrieb befindlichen Dombaustelle heraus durchgeführt worden sein.
Das aber kann nur bedeuten, dass Dom und Stadt als einheitliches Konzept entworfen und eingemessen worden sind. Speyer ist eine große Stadtanlage mit fünf Vorstädten, mehreren Klöstern und einer Marktstraße. Die Stadtgeometrie folgt konsequent einer Planungsidee, die vollständig auf den Dom ausgerichtet ist. Offensichtlich handelt es sich hier um die erste große Neuanlage einer Planstadt nördlich der Alpen seit der Römerzeit.“
Das Echo der Wissenschaft auf Humperts Streitschrift war skeptisch bis ablehnend. Humpert gibt heute selbst zwar zu, dass ihm erst nach der Veröffentlichung seines Buches darin vorhandene Fehler aufgefallen seien, hält aber auch heute an seiner Grundthese fest. Die Diskussion der Thesen Humperts mag zwar der Fachwelt überlassen bleiben. Wichtig für das Verständnis der Stadtgründung Kaiser Konrads II. ist Humperts Ergebnis den Charakter Speyers betreffend als der ersten mittelalterlichen Gründungsstadt nördlich der Alpen.
Mögen die übrigen Thesen im Einzelnen auch anfechtbar sein, so kann die Speyer betreffende doch ein Anstoß zu einem neuen Nachdenken über die Planung der Kaiserstadt sein. Wenn man in diesem Zusammenhang eher feststellen mag, Speyer sei, weil nicht auf der grünen Wiese geschaffen, keine echte Gründerstadt, sondern die Mischform einer solchen auf bereits besiedeltem Boden, scheint dies eher ein Definitionsproblem zu sein. Entscheidend ist bei alledem die Tatsache, dass Konrad II. in Speyer die Gelegenheit hatte, seine Kaiserstadt als etwas vollkommen Neues auf einer politischen tabula rasa, unbehindert von älteren Siedlungselementen und bischöflichem Mitwirken zu planen.
Die Umstände dieser Planung genauer zu überdenken, wird durch Humpert angeregt, ohne dass man sich weiter mit seinen Thesen auseinanderzusetzen braucht. Die Frage lautet also vorerst, ob sich auch andere Tatsachen und Indizien finden, die den Charakter Speyers als Gründerstadt bestätigen. Lässt sich dies bejahen, so kann dann auch gefragt werden, ob Kaiser Konrad II. bei der Stadtgründung ein Ideal vorschwebte und welches dieses gegebenenfalls gewesen sein kann.
Das stärkste historische Argument zur Unterstützung der Speyer betreffenden These Humperts findet sich in der Organisation der Wasserversorgung der Kaiserstadt. Bereits die Römer hatten dieses Problem zu lösen und für ihren Bedarf gelöst. Dabei dürfte es ihnen nicht in erster Linie um die Versorgung ihrer Truppen mit Brauchwasser gegangen sein. Davon stellte der Rhein genug zur Verfügung, und es hätten in Nemetum auch bequem Brunnen gebaut werden können. Ihnen ging es vermutlich vor allem um die Versorgung der Militärgrenze mit strategisch wichtigen Sachgütern, etwa Baustoffen und Holz aus dem pfälzischen Hinterland.
Zu diesem Zweck schufen sie als Transportweg einen Wasserlauf, der möglichst viel Wasser führen musste, um auch größere Güter befördern zu können: den Speyerbach. Er hat eine Gesamtlänge von etwa 60 Kilometern und sammelt im Pfälzerwald sein Wasser aus kleineren Wasserläufen. Um als Transportweg geeignet zu sein und bis Speyer zu führen, wurde er von Neustadt an der Weinstraße an in einem komplizierten Verfahren so gelenkt, dass er trotz erheblicher geologischer Schwierigkeiten alle Hindernisse überwinden und sein Ziel, den Hafen Speyers, erreichen konnte.
Hans Schimpf staunt mit Recht über diese Leistung der römischen Wasserbauingenieure. Dass sie diesen zu verdanken war, darf man getrost annehmen, weil allein die Römer, nicht also später die Franken der Bischofsstadt, die zu einer solchen Leistung nicht in der Lage gewesen wären, dazu fähig waren. Zudem bestand für die Franken nach dem Zusammenbruch der römischen Militärgrenze und der Öffnung Speyers zum Rhein ohnehin kein Bedarf nach einem solchen Wasserweg. Der künstlich geleitete römische Speyerbach mündet, aus westlicher Richtung in gerader Linie von Dudenhofen kommend, in Speyer in einem Bogen südöstlich fließend, dort im Hafen. Dieses Ziel entsprach dem Bedarf der Römer und dem Charakter des Bachs als Transportweg. Er diente diesem Zweck bis zur Gründung der Kaiserstadt durch die Jahrhunderte.
Der römische Speyerbach konnte diesem Zweck zwar bis zur Zeit der Gründung der Kaiserstadt befriedigend dienen. Für einen Transport der für den Bau des Dorns wie den der Stadt bestimmten Steine war er weder geeignet, weil zu schwach, noch wurde er dazu benötigt. Derart schwere Steinlasten konnte man seit dem Zusammenbruch der römischen Militärgrenze bequem auf dem Wasserweg von den Steinbrüchen bei Neckargmünd herbeischaffen.
Für den Bau der kaiserlichen Gründerstadt wurde er als solcher nicht benötigt und lag auch zu weit entfernt von deren Zentrum, der Hauptstraße. Dagegen musste die neue Stadt mit Brauchwasser versorgt werden. Sollten dort Menschen leben, musste ihnen am Ort ihrer Wohnungen ein bequem erreichbarer Wasserlauf, ein Stadtbach geschaffen werden. Als solcher diente der, heute verdeckt, die Hauptstraße entlang geführte Woogbach. Auch dieser ist ein durch seinen Zweck definierter künstlicher Wasserlauf. Er wurde nahe Hanhofen von dem zu jener Zeit nicht mehr als eine mit möglichst viel Wasser versehene Transportader
benötigten Speyerbach abgezweigt. Für den zum Stadtbach bestimmten Woogbach zweigte man etwa zwei Drittel der Wassermenge vom Speyerbach ab.
Auch der Leitung dieses Wasserlaufs in das Stadtzentrum stellten sich erhebliche geologische Hindernisse entgegen. Dem aus der Ebene von Hanhofen und Dudenhofen nach Osten fließenden Woogbach versperrte vor der Stadt eine nord-südlich laufende Bodenwelle den Zugang zu ihr. Diese steigt unmittelbar östlich der heutigen Bundesstraße 9 empor, unter welcher der Bach hindurchgeleitet wird, und fällt etwa in der Höhe des heutigen Vincentiuskrankenhauses wieder ab. Um diese Schwelle zu überwinden, grub man dem Wasserlauf eine Schlucht, die das heutige Gebiet des Oberkämmerers von dem der Landesbibliothek und des Krankenhauses trennt.
Der gemächlich vom Westen strömende Bach gewinnt nach Durchqueren der Schlucht beim Abfallen in Richtung der Mühlturmstraße an Geschwindigkeit. Nach Erreichen der Talsohle läuft er als Stadtbach, heute verdeckt, die Hauptstraße entlang. Von dort wird er in Höhe der heutigen Salzgasse nach Nordosten gelenkt und mündet am Holzmarkt wieder im Speyerbach, der auf seinen letzten Metern wieder mit seiner ehemaligen Wassermenge im Rhein mündet.
Auch der Laie erkennt auf den ersten Blick, dass der Stadtbach seine Entstehung der Kaiserstadt verdankt So herrscht in der Forschung auch Einigkeit, dass er im Unterschied zum römischen Speyerbach erst im Mittelalter geschaffen wurde. Damit wird der Schluss unvermeidlich, dass der Bau des Stadtbachs der Planung und Gründung der Kaiserstadt zur Zeit Konrads II. zu verdanken ist und die Behauptung Humperts bestätigt, nach welcher der Planung von Dom und Stadt Speyer ein einheitlicher Plan zugrunde liegt.
Um die These der einheitlichen Stadt- und Domplanung völlig unanfechtbar zu machen, wäre es erforderlich, die Maße und Daten der Flächen von Dom und Stadt gemeinsam auszulegen. Die mittelalterliche Bau- und Raumplanung erfolgte nach geometrischen Modellen. Von einem zentralen Punkt aus konstruierte man die Planungsflächen. Dieser Punkt war nach Humperts These die Vierung des Doms. Von dort ausgehend müsste die Forschung über die geometrische und numerische Symbolik des Doms hinaus die gesamte Kaiserstadt vom Dom bis zum Altpörtel überprüfen. Dazu fehlt es heute noch an der Vorarbeit.
Bei der Erforschung der Geschichte des Dom- und Stadtgebiets Speyers hat man sich bisher darauf beschränkt, die Entfernungen im modernen Metermaß festzustellen. Das Ermitteln der Maße nach dem bei der Stadtgründung verbindlich gewesenen Maß des Fußes ist bisher unterblieben. Damit verstellt man sich bisher noch die Möglichkeit einer Prüfung der numerischen Grundlagen des Gründungsplans, die mit Sicherheit viel über den Gründungszweck erkennen lassen könnte. Das dazu erforderlichen Wissen steht heute zur Verfügung.
Im Übrigen lässt sich die These einer einheitlichen Planung von Dom- und Stadtbereich noch bekräftigen, wenn man beachtet, dass die zwischen Dom und Altpörtel als Zentralachse verlaufende Hauptstraße der mündlichen Tradition zufolge ursprünglich auf ihrer gesamten Strecke die der Breite des Domwestbaus entsprechende Breite von etwa 50 m gehabt hatte.
Erst im späten Mittelalter sei die Hauptstraße zwischen Altpörtel und der heutigen Salzgasse auf ihrer Nordseite mit der zwischen Korngasse und Hauptstraße gelegenen Häuserzeile überbaut worden. Erst dadurch wurde der Blick vom Altpörtel zum Dom verengt und der Eindruck einer Krümmung der Hauptstraße erzeugt. Die Hauptstraße verband in ihrer ursprünglichen Gestalt Dom und Stadt im wahrsten Sinne des Wortes „offensichtlich“ miteinander zu der im Gründungsplan vorgegebenen Einheit.
Allerdings gab es einen Unterschied zwischen Dom und Stadt. Im Bereich des Doms galt ein anderes Recht, das kanonische Recht der Kirche. In der Stadt dagegen galt noch länger als ein Jahrhundert lang eine Vielfalt weltlicher, personaler Rechte, während ein künftiges einheitliches, gemeinsam für alle Stadtbewohner geltendes Stadtrecht erst im Werden war.
Das konnte der planende Kaiser zwar nicht ignorieren, wohl aber bei der Verfolgung seines Plans als unwichtig behandeln. Dies lässt der auf der Grenze der beiden Rechtsbereiche, halbwegs zwischen Dom und Hauptstraße stehende Domnapf noch heute erkennen. Seine Inschrift tut dies mit den Worten kund, die Schale stehe „als Ende und Grenze zum Fluchtort der Freiheit / terminus et limes stat libertatis asylum“. Der Domnapf markiert zwar die sonst nicht sichtbare Grenze zwischen den beiden Rechtsbereichen und betont die Asylfunktion des Dombezirks, doch wurde er erst runde drei Jahrhunderte nach der Stadtplanung, vermutlich im Jahre 1294, aufgestellt.
Das geschah zu einer Zeit, als die Stadt im Konkurrenzkampf mit dem Bistum machtvoll aufgeblüht war. Nun hatte die Kirche ein Interesse daran, die alte Rechtsgrenze nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und ihr Asylrecht gegen die sich ausweitende Rechtspflege der Stadt zu betonen. Für Kaiser Konrad II. dagegen war die Grenze eher kein Hindernis einer Dom und Stadt umfassenden Planung Ihm scheint eher daran gelegen gewesen zu sein, die Grenze der beiden Rechtsbereiche sichtbar nicht darzustellen.
Die Antwort auf die Frage, wann und wie der Gründungsplan entworfen wurde, scheint heute gefunden zu sein. Zwar gab es nie Zweifel, dass Konrad II. Speyers Stadtgründung bald nach seinem Regierungsantritt (1024) zu planen begann. Wann aber und in welchen Schritten er dies tat, hatte nur ungenau vermutet werden können. War der kaiserliche Entschluss der maßgebliche Zeitpunkt? War es der Entwurf des Plans oder die Festlegung der Maße auf dem Baugrund oder war es der Beginn der sich über ein Jahrhundert hinziehenden Bauarbeiten?
Auf eine dieser Fragen scheint Erwin Reidinger nun eine Antwort gefunden zu haben. Für die Bestimmung der Lage und Maße des Doms stellt er Montag, den 25. September und Freitag, den 29. September (Michaelstag) des Jahres 1027 als die maßgeblichen Daten fest. Dieser Schluss gelingt ihm dank seiner Entdeckung eines in der Anlage des Doms feststellbaren „Achsenknicks“, einer in der Vierung beginnenden Gabelung der in östlicher Richtung verlaufenden Zentralachse zu einer kirchlichen und einer leicht davon abweichenden weltlichen Achse. Beide seien jeweils durch die Zeiten des an diesen Tagen geltenden Sonnenaufgangs bestimmt worden. Hier braucht und kann die Begründung dieser These nicht wiederholt oder gar kritisch geprüft werden. Sie fügt sich bruchlos in den zuvor angenommenen Zeitraum der Stadtgründung ein, sodass man heute das Jahr 1027 als das Datum der Planung und Einmessung Speyers annehmen kann.
Nach alledem muss man davon ausgehen, dass Kaiser Konrad II. einen einheitlichen Gründungsplan entwarf, den man im Rahmen des heute noch Möglichen eigens prüfen sollte. Dabei gilt es zu beachten, dass auch dieser Plan, wie so viele andere, später hat abgewandelt werden können, auch angewandelt und dem veränderten Bedarf wie den veränderten Verhältnissen angepasst wurde. Für den Gründungsplan Speyers ist dies besonders zu beachten angesichts der Entwicklung Speyers aus der geplanten Kaiserstadt in die spätere Kaiser- und Kaufmannsstadt.
Als Konrad II. im Jahre 1025 die Gründung seiner Kaiserstadt zu planen begann, wurde der Ort zwar die größte Baustelle Europas und zog eine Fülle von Arbeitskräften an. Im Reich wie insgesamt im Abendland herrschte weitgehend unbewegte Ruhe. Man ahnte noch nichts von dem tiefgreifenden kulturellen Wandel, der ihm bevorstand. Mobilität wurde als Gefahr erlebt und wenigen überlassen, etwa den Großen der Welt und den aus ihren Geschlechtsverbänden Verstoßenen und Entronnenen. Auf den Fernstraßen traf man nur wenige, die bereit und in der Lage waren, ein solches Abenteuer auf sich zu nehmen. Unter ihnen gab es auch eine Handvoll von Kaufleuten.
Mit dieser Ruhe war es schlagartig vorbei, als es mit dem Anbruch der so genannten „Renaissance des Zwölften Jahrhunderts“ in den letzten zwei Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts überall in Europa zu einer bisher ungeahnten Unruhe und Mobilität kam Die alten Geschlechtsverbände verloren die Macht über ihre Angehörigen und mussten sie als autonome Einzelne, als mit ihrem neuen Selbstverständnis ausgestattete Personen freigeben. Der Einzelne, nicht mehr sein Geschlechtsverband, war nun Träger der Rechtsfähigkeit. Er wollte selbst und allein über sein Schicksal, Heil und Unheil, Leben und Tun entscheiden.
Das offenbarte sich auf den Straßen Europas in einer bisher ungeahnten Mobilität. Man traf dort nun neben den Großen der Welt viele Pilger, Ketzer, Scholaren und Vaganten, Kreuzfahrer und Troubadours und – was für Speyer wichtig wurde – eine Fülle von Kaufleuten. Niemand fragte in deren Verbänden nach Herkunft und Geschlecht ihrer Angehörigen. Sie alle verbanden sich nach neuem, autonomem Recht in eigenen Schutzverbänden gegen die ihnen durch die Mobilität drohenden Gefahren.
Das Aufblühen des Kaufmannsstands ließ eine neue Siedlungsform mit einer neuen Verfassung entstehen: die mittelalterliche Stadt. Es kam zu einer Fülle kaufmännisch belebter Stadtgründungen. Kluge Landesherren erkannten dies als eine neue Einnahmequelle, gründeten Städte und luden – mit oder auch ohne Erfolg – Kaufleute zum Kommen ein. Das aber geschah überall ein rundes Jahrhundert nach der Gründung Speyers, beispielsweise 1122 in Freiburg und 1158 in Lübeck.
Diese Bewegung ging auch an Speyer nicht vorüber und hatte bereits ein halbes Jahrhundert nach Gründung der Kaiserstadt einen tiefen Wandel zur Folge. Speyer wurde aus der geplanten Kaiserstadt zu einer Kaiser- und Kaufmannstadt, in der die Kaufleute mehr und mehr den Charakter der noch im Bau begriffenen Gründerstadt prägten. Das veränderte auch den Gründungsplan. Der Beginn dieses Wandels zeigte sich sogar verhältnismäßig früh. Er lässt sich anhand des den aus Mainz angeworbenen beziehungsweise ausgewanderten Juden erteilten Privilegs des Bischof Rüdiger Huzmann vom 13. September 1084 ablesen.
Er habe, erklärte der Bischof, im Begriff, aus dem Dorf (villa) Speyer eine Großstadt (urbs) zu machen, gemeint, das Ansehen des Ortes tausendfach zu vermehren, indem er auch (!) Juden hinzuziehe. Dass der Bischof von dem damals regierenden Kaiser Heinrich IV. in dieser Politik unterstützt wurde, zu ihr womöglich veranlasst worden war, brachte Kaiser Heinrich IV. zum Ausdruck, indem er sechs Jahre später das bischöfliche Privileg in einer für die Zugezogenen noch günstigeren Fassung bestätigte. Die neue Gewerbepolitik machte aus der Kaiserstadt bereits gegen Ende des 11. Jahrhunderts eine Kaiser- und Kaufmannsstadt. In deren weiterer Geschichte sollte der kaufmännische Charakter immer deutlicher zunehmen und sich auf die weitere Stadtentwicklung auswirken.
Anders formuliert: Speyer war seit dem Ende des 11. Jahrhunderts nicht mehr die ursprünglich von Konrad II. geplante Kaiserstadt. Allein um diese und deren Planung, nicht aber um die Geschichte der späteren Kaiser- und Kaufmannsstadt geht es hier.
Gründerstädte unterscheiden sich in ihrem Charakter wesentlich von so genannten „gewachsenen“ Städten dadurch, dass ihnen ein einheitlicher Plan zugrunde liegt. In diesem offenbaren die Stadtgründer immer auch, bewusst und gewollt oder unbewusst, die ihrer Stadtgründung zugrunde gelegte Leitidee, deren Zweck und Ideal. In der zu gründenden Stadt wollen sie ihren Glauben und ihre Weltsicht sichtbar verkörpern. Dementsprechend entwarfen sie den Grundriss ihrer noch nicht vorhandenen Stadt.
In Deutschland begann dies um die Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert. Hier begannen die Bischöfe als Stadtherren damit, sodass insoweit bei der Stadtplanung Speyers durch Kaiser Konrad II. nichts Neues geschah. Mit diesem Motiv ordneten beispielsweise die Bischöfe von Bamberg und Fulda das Muster der Kirchen ihrer Stadt und damit der dort verwahrten Reliquien in modum cruci, als ein Kreuz. Er bekreuzigte so im wahrsten Sinne des Wortes seine Stadt, um sie vor dem Angriff des Teufels zu schützen. Ebenso verfuhr man im 10./11. Jahrhundert in anderen Bischofsstädten, so beispielweise in Bremen, Paderborn, Goslar, Eichstätt und anderen mehr. Es besteht aus der Sicht der Fachwelt genügend Anlass die Frage zu prüfen, welches Ideal Kaiser Konrad II. der Planung seiner Kaiserstadt Speyer zugrunde legte. Dazu kann hier allerdings nur ein Anstoß gegeben und erster Versuch unternommen werden.
Mag ein Gründungsplan auch im Laufe der Zeit oder sogar bald nach der Stadtgründung verändert worden sein, Ergänzungen erfahren haben oder völlig verworfen worden sein, muss der Historiker dessen noch erkennbare Spuren doch ernst nehmen, will er feste Grundlagen der Anfänge und frühen Stadtgeschichte besitzen. Gründerstädte hat es wie in der Antike so in Europa bis in unsere Gegenwart gegeben. Die Zwecke und die diesen entsprechenden Pläne und Strukturen der einzelnen Stadtgründung unterscheiden sich in der Regel sehr voneinander. So ging es etwa in Freiburg, Lübeck und anderen mittelalterlichen Kaufmannsstädten allen Beteiligten um Gewinnerzielung, mochten die Unternehmungen oft auch nicht so erfolgreich wie erwartet ausfallen und zu Fehlgründung führen.
So sehr sich die Zwecke und Motive von Stadtgründungen voneinander unterscheiden, so verschieden sind auch die hinter diesen stehenden Ideen der Gründungsplaner, ihre Philosophie, ihr Glauben und ihr Menschenbild. Für Kaiser Konrad II. war das bestimmende Motiv die Gründung einer Kaiserstadt und nicht die Wiederherstellung der dahinsiechenden Bischofsstadt Nemetum/Spira, nicht auch schon die Anwerbung von Kaufleuten, sondern die Repräsentation seines Kaisertums, wie es von Karl dem Großen geprägt worden und seitdem für das Römische Reich verbindlich war.
Dieses Reich war die unter dem Schutz und der Aufsicht der Kaiser stehende verfasste römische Christenheit. Es war ein gottgewolltes, heiliges Reich, mochte das Prädikat der Heiligkeit seinem Titel ausdrücklich auch erst ein Jahrhundert später durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa hinzugefügt werden. Es war zugleich aus römischer und christlicher Wurzel entsprossen, sodass sich hinsichtlich der Gründung Speyers die Frage stellte, ob und inwieweit das antike Rom oder der christliche Glaube seine Reichsidee formte. Der darauf gegebenen Antwort musste folglich der Plan der zu gründenden Kaiserstadt entsprechen.
Konnte Kaiser Konrad II. seine Kaiserstadt schwerlich nach dem Vorbild Roms planen, so war für ihn ebenso wenig das der erst ein Jahrhundert nach seiner Zeit aufblühenden Kaufmannsstadt geeignet. Er musste und wollte ein seinem Glauben entsprechendes eigenes Vorbild für die Darstellung des Reichs durch seine Kaiserstadt wählen. Dazu hatte er auch die Freiheit. Das Reich, das seine Kaiserstadt sichtbar zur Anschauung bringen sollte, war einerseits zwar die Fortsetzung des römischen Imperiums und Kaiser Konrad II. ein Amtsnachfolger des Kaisers Augustus, doch unterschied es sich vom antiken Imperium gründlich durch seinen christlich-karolingischen Charakter.
Es mag erlaubt sein, die Frage zu stellen, ob in dem Gründungsplan Speyers Elemente zu finden sind, die etwas von der imperialen Stellung des Kaisers Konrad II. erkennen lassen, die bestimmt waren, dessen Selbstverständnis dem damaligen Betrachter verständlich vor die Augen zu stellen. Dass die Stadt eine Mauer zum Schutz gegen äußere Feinde haben musste, war keine Frage. Eine solche hatte der bischöfliche Stadtherr bereits wegen der Ungarneinfälle für Speyer um das Jahr 946 gebaut. Diese aber konnte dem Plan der salischen Neugründung nicht genügen. Sie umfasste nur das ottonische Speyer, nicht aber den erweiterten Siedlungsraum der Neugründung. Man darf davon ausgehen, dass die nun erforderliche neue Mauer bereits im Gründungsplan der Kaiserstadt vorgesehen war, doch wurde deren Bau erst in der Mitte des 11. Jahrhunderts unternommen. Sie umfasste zwar das gesamte neue Stadtgebiet, doch sucht man bei ihr vergeblich nach einer wortwörtlichen Anknüpfung an das geometrisch eindeutig quadratische Vorbild der Himmlischen Stadt. Speyer war, jedenfalls nach seinem geplanten Grundriss zu urteilen, keine urbs quadrata wie jene im Himmel Das schloss aber nicht aus, dass es sich dem Betrachter nicht doch durch Zitate gleichwohl als eine solche darstellte.
In der Bedeutung der Vier als Vierheit, divina quaternitas, erweist sich der Gründungplan Speyers trotz des Fehlens eines geometrischen Quadrats als eine urbs quadrata und lässt sich als eine Anspielung auf die himmlische urbs quadrata deuten. An baulichen Zitaten der divina quaternitas fehlt es in Speyer nicht. Karl Rudolf Müller hat in seinem Buch über die Mauern Speyers darauf hingewiesen, dass das bisher „zweifingrige“ Straßennetz des vorsalischen Speyer nach Öffnung der ottonischen Mauer ein „vierfingriges“ wurde.
Nun verliefen im Plan und dann in der Stadt zu jeder Seite der Hauptstraße jeweils zwei vom Dom ausgehende Straßen. Der Entwurf des vierfingrigen Stadtbildes lässt zugleich erkennen, dass die Hauptstraße keine gewöhnliche Straße wie jede andere, sondern etwas Anderes und mehr als jene hatte sein sollen. Sie war einerseits eine für den Einzug des Herrschers vorgesehene Via Triumphalis, also nicht eigentlich eine dem Tagesverkehr gewidmete Anlage. Sie verkündete außerdem eine weitere Botschaft.
Die Hauptstraße war im heutigen Sinne des Wortes kein Verkehrsweg, sondern ein Platz. Wie bereits erwähnt, war sie zur Gründungszeit und folglich auch nach dem Gründungsplan an ihrer Ostseite noch nicht mit einer Häuserzeile überbaut und verengt worden. Sie erstreckte sich in dieser Gestalt in ihrer gesamten Länge von etwa 600 Metern in voller Breite vom Altpörtel zum Dom. Gewiss ließe sich ihre Deutung besser erkennen, erschlösse man ihre genauen Maße und deren Verhältnis zu denen des Doms in dem zur Planungszeit geltenden Maß des Fußes.
Immerhin verweist Renate Engels nach dem heutigen Wissensstand bereits auf den eigenen Charakter dieses zentralen Rechtecks. Es sei ursprünglich nicht als Markt vorgesehen und habe auch nicht als solcher gedient, sondern sei erst später – also wohl nach Aufblühen der Kaufmannsstadt gegen Ende des Jahrhunderts – für diesen Zweck „entfremdet“ worden. Der ursprüngliche Zweck des zentralen Rechtecks lässt sich mangels anderer Indizien am ehesten als eine divina quaternitas deuten. Es genügte dafür ein Rechteck und es war nicht nötig und üblich, die bauliche Rezeption des himmlischen Quadrats geometrisch darzustellen; auch in Rechtecken wie dem in Speyer konnte diese Symbolik dargestellt werden. Die Hauptstraße als Zentralplatz war ein Zitat des Himmlischen Jerusalems und damit zugleich die Darstellung des dorthin orientierten göttlich gewollten salischen Kaisertums.
Ein weiteres Zitat des Himmlischen Jerusalem verbirgt sich womöglich in der Zahl der Tore und Pforten der Gründungsstadt. Karl Rudolf Müller zählt an Toren und Pforten des frühsalischen Speyer auf: 6 Turmtore, 2 Mauertore, 1 selbständige Pforte und 3 Türme mit Fußgängerpforten. Man kann bei dieser Zahl von insgesamt 12 Toren und Pforten zu der Vermutung gelangen, dass sie ein Zitat der zwölf Pforten des Himmlischen Jerusalems ist, doch gelangt man damit wohl schon in das Gebiet der Spekulation.
Die Tore und Pforten waren auch kein Selbstzweck. Sie dienten nicht ihrer eigenen Repräsentation, sondern wurden über Straßen und Gänge erreicht und derentwegen notwendig. Was in dieser Verknüpfung Ursache und was Wirkung war, ob die Planung der Zugangswege oder die der Mauerdurchlässe am Anfang standen, lässt sich nicht ermitteln. Andererseits spricht die vielfältige Demonstration der Zwölfzahl am Dom dafür, dass man auch innerhalb der Stadt im Gründungsplan auf die Suche nach Zahlensymbolik, insbesondere der Vier und der Zwölf, gehen sollte.
Ein Element des Himmlischen Jerusalems in der Vision des Sehers Johannes konnte Kaiser Konrad II. bei Planung seiner Kaiserstadt dagegen nicht übernehmen: die Abwesenheit eines Tempels. Im Jenseits werde man ihn nicht mehr nötig haben, war dem Seher gesagt worden, weil Gott in seiner Stadt selbst anwesend und gegenwärtig sein werde. Im irdischen Speyer dagegen war ein Heiligtum, in dem Kaiser und Volk Gott anbeten und loben, ihm danken und in der Not um Hilfe dort im Jenseits anrufen konnten, unverzichtbar.
Hier erwies sich der Abstand zwischen dem Künftigen und dem Derzeitigen als unüberwindbar. Die Kaiserstadt konnte ohne den Kaiserdom nicht auskommen und wäre ohne ihn nur das unvollständige Bruchstück eines größeren Ganzen geblieben. Diesen Dienst konnte die vorhandene bischöfliche Kathedrale nicht leisten. Sie musste abgerissen werden. Nicht der Bischof, sondern der Kaiser selbst musste als Verkörperung des Reiches dessen Tempel bauen und ihm die ihm angemessene Gestalt geben. Nicht der Bischof, sondern der Kaiser sollte mit dem Dom das Reich vor Gott und der Welt repräsentieren.
Im Unterschied zum einstigen Tempel des irdischen Jerusalem konnte der Platz des künftigen Speyerer Kaisertempels nicht in der Mitte der Stadt geplant werden. Dort sollte und musste sich vielmehr der Hauptplatz befinden. Bei dieser Planung leiteten den Kaiser zugleich die Darstellung des Himmlischen wie des idealisierten irdischen Jerusalem und des eigenen Kaisertums. Auf der divina quaternitas der Hauptstraße sollte der Kaiser wie dann auch der Pilger sich, vom Westen kommend, dem am östlichen Rand der Peripherie stehenden Dom nähern. Beim Nahen sollte er den Dom nicht als einen von der Stadt getrennten eigenständigen Bau missdeuten können, ihm sollte vielmehr die offensichtliche Einheit von Dom und Stadt vor die Augen geführt werden. Deutlicher hätte der Kaiser nicht zum Ausdruck bringen können, dass beide sein Werk waren, beide sein Reich als einen Hinweis auf dessen künftige Vollendung erkennbar machen sollten.
Wenige Jahrzehnte nach der Gründung sollte die Verwandlung Speyers in eine Kaiser- und Kaufmannsstadt und die wachsende Verlagerung der politischen Macht vom Bischof zum städtischen Kaufmannsstand und Patriziat das Bild der Idee des Gründungsplans zwar verwischen, aber doch nicht völlig auslöschen.
Hans Hattenhauer, Pfälzer Heimat, 2/2015

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