Kinder auf alten Geschmack gebracht
07.09.06 (Reilingen)
Freunde Reilinger Geschichte hatten wieder zum Kochen wie zu Großmutters Zeiten ins Heimatmuseum eingeladen
Das Kochen wie zu Großmutters Zeiten gehört mit zu den beliebtesten Angeboten während des Reilinger Ferienprogramms. Eine große Schar von erwartungsfrohen Kindern waren auch in diesem Jahr wieder in den Hof des Heimatmuseums im historischen „Löwen“ gekommen, um sich von den Freunden Reilinger Geschichte in die Vergangenen entführen zu lassen. Und in der Tat wurde das gemeinsame Kochen zu einer lebendigen Zeitreise, die den Buben und Mädchen nicht nur neue Erkenntnisse bescherte, sondern auch viel Vergnügen bereitete.
Nicht nur die achtjährige Daniela strahlte über das ganze Gesicht, als sie ihre verschmierten Hände an der viel zu großen Kochschürze abreiben durfte. „Das Waffelbacken hat echt Spass gemacht, aber noch besser war das Pfirsicheis, das wir gemacht haben.“ Die umstehenden Kinder stimmten kräftig nickend zu, konnten aber mit ihrem noch vollen Mund nur wenig sagen. Die Vaniellewaffeln, die Suppe mit verschiedenen Einlagen, das kräftige Bauernbrot und die Würstchen schmeckten unter freiem Himmel bei spätsommerlichem Wetter ja auch zu gut. Und damit die kleinen Köchinnen und Köche auch die Rezepte aus Großmutters Kochbuch lesen konnten, gab es von Museumsleiterin Hildegard Bickle und ihrem Mann Philipp, dem Vorsitzenden des Heimatvereins, zunächst einmal eine Einführung in die heute längst unbekannte deutsche Schrift sowie die Maß- und Gewichtseinheiten von früher. Dass empfindlichen Lebensmittel früher in einem Eisschrank lagerten, der mit im Winter gebrochenen Eisstücke der Kraichbach bestückt wurde, konnte ebenso niemand mehr nachvollziehen. „Und wo wurde dieses Eis dann bis in den Sommer gelagert?“. Auch diese Frage konnte den interessiert zuhörenden Kindern beantwortet werden: „Diese lagen gut gekühlt im örtlichen Bierkeller, zwei Stockwerke unter der Erde.“
Mit dem gleichen Eis wurden einst auch Speiseeis und Gefrorenes hergestellt. Ungläubig verfolgten die Kinder das Thermometer, als Philipp Bickle dem Roheis in einem Zuber Salz zusetzte – um es kälter werden zu lassen. Und tatsächlich wurden wenig später fast minus 20 Grad angezeigt. Schnell wurde die frisch hergestellte Pfirsich-Zucker-Schlagrahmmasse in eine Gefrierbüchse gefüllt und diese in das langsam tauende Eis gestellt. Mit einer Handkurbel rührten die Jungköche abwechselnd die Masse bis zum Stocken. Als fast nichts mehr ging, war es endlich soweit: Das Reilinger Pfirsicheis von anno dazumal war fertig – und schmeckte so gut, dass selbst die Büchse und die Rührbesen noch abgeleckt wurden.
Naschen war auch bei den kleinen Bäcker angesagt, die in alten Waffeleisen einen Berg von herrlich duftenden Herzenwaffeln ausbackten, deren Teig sie zuvor mit viel Mehl, guter Butter und noch mehr Eier genau nach dem alten Rezeptbuch hergestellt hatten. Spannend ging es auch in der Gruppe der Suppenköche zu, die gemeinsam mit Walter Astor und Otmar A. Geiger für die Fleischbrühe Butterknöpflein, Goldwürfel, Eierstich und geröstete Brotwürfel vorbereiteten.
Nach dem Verspeisen des ungewöhnlichen Menüs aus Großmutters Kochbuch und dem Säubern von Geschirr und Geräten sammelten die Buben und Mädchen schnell noch die ausliegenden Rezepte ein, um diese wie Daniela ihren Müttern und Vätern mitzubringen: „Meine Mama soll nämlich auch mal so feine Waffeln backen und so eine gute Kaisersuppe kochen, wie wir das gemacht haben.“