Kurpfalz Regional Archiv

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Literatur zwischen Eintopf und Cuvée

16.12.05 (Hockenheim)

5. LeseZeit der Initiative „Dichten, Schreiben, Lesen“ Rhein-Neckar in der Hockenheimer Stadtbibliothek
Sieben regionale Autoren und Menschen, die Freude am Schreiben haben, stellten sich und ihre Werke während der 5. LeseZeit in der Hockenheimer Stadtbibliothek einem interessierten Publikum vor. „Gerade die Vorweihnachtszeit bietet sich besonders dafür an, wieder mal zu lesen – und die Fantasie schweifen zu lassen“, begrüßte der Leiter der Stadtbibliothek Dieter Reif die zahlreichen Zuhörer als auch die Mitwirkenden. Passender hätte diese Feststellung nicht zutreffen können als auf die Neulußheimerin Ilse Schapowal. Eigentlich bekannt für ihre Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit in Hockenheim, las sie an diesem Abend nicht aus ihrem Buch „Wir haben es genommen, wie es war“, sondern entführte in die Zeit des Mittsommers in Schweden. Die stimmungsvollen Empfindungen eines ganz besonderen Naturerlebnisses stimmten die Zuhörer heiter und machten sie gelassen, sich auf die weiteren Werke des Abends einzulassen. Dass diese nicht immer als literarische Meisterwerke eingestuft werden konnten, war weniger von Bedeutung als die Freude der Autoren am Schreiben. Dies führte zwar hie und da dazu, dass bei Kurzgeschichten der Eifer fast zu keinem Ende führte, was das Publikum aber geduldig den Vortragenden nachsah.
Ein echtes Stück selbst erlebter Zeitgeschichte hatte der ebenfalls aus Neulußheim stammende Helmut Nikolaus Kuppinger in seinem Buch „Soldat unter schützender Hand“ verarbeitet. Der 80-jährige Autor, der zum ersten Mal in der Öffentlichkeit zu hören war, beeindruckte mit seinen Erinnerungen an den Rußlandfeldzug während des zweiten Weltkriegs, der für ihn mit einer schweren Verwundung zu Ende ging.
Den Bogen zwischen einer polizeilichen Anzeige und einer solchen bei der Zeitung aufgegebenen versuchte Sonj Viola Senghaus (Neulußheim) zu schlagen. Ein Versuch, der das geduldige Anhören und Mitverfolgen wert war.
Dies galt auch für die „Erinnerungswende“ der Heidelbergerin Elke Seiler, die ein Familienleben der Nachkriegszeit in der Stadt am Neckar und die Erinnerungen daran auf literarisch hochwertige Weise beleuchtete.
Die Lacher auf ihrer Seite hatten der Hockenheimer Rolf Thum und die aus Ludwigshafen angereiste Edith Brünnler.
Mit der Kurzprosa „Wetzsteinblues“ wurden Erinnerungen an die Nach-Schwarzmarktzeit zwischen „Hendesse“ und „Dossene“ so lebendig, dass man die junge Kerls von damals mit ihrem auch in der Rennstadt bekannten Lied „Mir hawe dahoam än alte Wetzstoo“ zu hören glaubte. Die Vortragskunst von Rolf Thum bereicherte die LeseZeit in der Stadtbibliothek ebenso wie die auf unnachahmliche Weise vorgetragene heitere Mundartgeschichte „Aus mir is was worre“. Die Gratwanderung zwischen Dialekt und Hochdeutsch gelang Edith Brünnler zum Vergnügen des Publikums auf ganz besondere Weise.
Dass eine Geschichte aus ihrem neuen Buch „Leichte Kost“ nicht immer auch eine solche sein muss, bewies Helga Röder, die damit das literarische Quartett aus der Schichardgemeinde vervollständigte.
Gerade zu passend zum gesprochenen Wort waren die musikalischen Beiträge von Meike und Saskia Weidner aus Brühl. Die beiden Gitarristinnen faszinierten mit ihrem Spiel das Publikum, das mit viel Applaus für eine Veranstaltung dankte, die Otmar A. Geiger als Moderator der 5. LeseZeit mit einem kulinarischen Vergleich abschloss: je nach Geschmack war der Abend ein bodenständiger, deftiger Eintopf, eine luftig viel sagende Melange oder gar ein spritzig-edles Cuvée.

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