* Musik als Teil der göttlichen Botschaft
05.10.07 (Speyer)
Domkapellmeister Prof. Leo Krämer im Rückblick auf die 27. Internationalen Musiktage Dom zu Speyer / „Die Finanzierung der IMS stellt jedes Jahr einen besonderen Kraftakt dar und gleicht bis zur letzten Minute einem Abenteuer.“
Mit musikalisch gestalteten Gottesdiensten, 18 Orgel-, Chor- und Orchesterkonzerten, einer mehrtägigen Orgelakademie, sowie zwei Workshops und Fortbildungsveranstaltungen im Bereich der Kinder- und Jugendchorarbeit gingen am „Tag der deutschen Einheit“ nach sechs Wochen die 27. Internationalen Musiktage Dom zu Speyer (IMS) mit einem umfangreichen, zugleich aber qualitativ hochwertigen Programm zu Ende. Dabei bot dieses traditionsreiche Musikfestival eine Reihe von beeindruckenden Konzerterlebnisse, die einmal mehr viele Besucher aus nah und fern nach Speyer lockten. Diese Akzeptanz ist für den künstlerischen Leiter der inzwischen weltweit anerkannten kirchenmusikalischen Konzertreihe, den Speyerer Domkapellmeister Professor Leo Krämer, ein deutlicher Beweis dafür, dass es von Anbeginn richtig gewesen sei, auf besondere Qualität bei der Programmauswahl, aber auch der Darbietung zu achten. Zugleich sei es wichtig, dass die Internationalen Musiktage trotz des kontinuierlichen Wachstums in den letzten 27 Jahren nie den Bezug zu Speyer, der Region und den dort lebenden Menschen verloren hätten. „Der Kaiserdom steht im Mittelpunkt des Geschehens, ist Aufführungsstätte und geistiger Mittelpunkt zugleich.“ Eine klare und zielorientierte Aussage, wie sie deutlicher nicht sein könnte. So gebe es auch keinen Grund oder die Notwendigkeit, aus den eher familiären Musiktagen ein „Schicki-Micki-Festival“ werden zu lassen.
Rückblickend auf das Programm 2007 wird deutlich, dass die IMS längst aus den Kinderschuhen entwachsen sind. Mit einer geballten Ladung von symphonischen und chorsymphonischen Konzerten wurden in diesem Jahr erneut bedeutende Werke aufgeführt – wenn auch von weniger bekannten oder neuzeitlichen Komponisten.
„Mit dem Niels Gade-Abend, mehr noch aber mit der Aufführung der ‚Reise nach Nineve‘ haben wir für die Region absolutes Neuland betreten“, so Krämer rückblickend. In beiden Fällen sei hochkarätige Musik geboten worden, die es verdient habe, gerade in einem Festival wie den Internationalen Musiktagen einen Platz zu haben. Aber auch die Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy (Oratorium Elias), Johann Sebastian Bach (Prunkkantaten) oder die Musiken aus europäischen Kathedralen hätten, wie auch die vielen kleineren Veranstaltungen, musikalische Akzente gesetzt, die einen Vergleich mit anderen internationalen Veranstaltungen längst nicht mehr zu scheuen brauchen.
Mit dem Domchor Speyer stehe dem Festival ein ausgezeichnetes Gesangsensemble zur Verfügung, das je nach Aufgabenstellung vom Chor der Saarländischen Bachgesellschaft und dem Philharmonischen Chor an der Saar unterstützt werde. Und hervorragende Gesangssolisten bräuchten bei dem weltweit guten Ruf der IMS auch nicht mehr gesucht werden. „Diese bewerben sich inzwischen von selbst, um in Speyer auftreten zu dürfen.“
Dass 2007 das Kammerorchester der St. Petersburger Philharmoniker nach mehr als zehn Jahren wegen Terminüberschneidungen nicht als Orchester in residence zur Verfügung stand, hätten nicht nur viele Festivalbesucher bedauert. Aber mit der Saarland Sinfonietta und dem Luxemburger Kammerorchester hätten zwei ausgezeichnete Klangkörper zur Verfügung gestanden. Und die erste Zusammenarbeit mit dem des Sinfonieorchesters des Landkreises Kaiserslautern sei überaus erfolgsversprechend für eine zukünftige Zusammenarbeit. „Ein Orchester von höchstem Niveau“, so das Urteil des Domkapellmeisters. Zugleich gibt er aber zu bedenken, dass die IMS aber nicht nur von den großen sinfonischen Top-Ereignisse geprägt wird, sondern es vielmehr die vielen kleineren Konzerte seien, die die Vielfalt des Festivals garantieren und es so auch attraktiv machen würden.
Besonders stolz ist Professor Krämer aber auch auf den musikalischen Nachwuchs. „Hier geht die Domsingschule Speyer beispielhaft voran und beweist, dass sie mit ihrer Ausbildungsarbeit nicht nur auf dem richtigen Weg ist, sondern sich auch erfolgreich in das Festival mit einbringen kann.“
Während künstlerisch soweit alles im Lot ist, bereitet die Finanzierung des qualitativ hochwertigen Musikfestivals immer öfters Sorgen. Für den künstlerischen Leiter eine besondere Herausforderung: „Die Finanzierung der IMS stellt jedes Jahr einen besonderen Kraftakt dar und gleicht bis zur letzten Minute einem Abenteuer.“ Das Domkapitel, die Stadt Speyer und der SWR seien als gemeinsame Veranstalter des Festivals dringend auf mehr Sponsoren und Kulturförderer als bisher angewiesen. An die Erhöhung der Eintrittspreise möchte man derzeit aber noch nicht denken – obwohl inzwischen beim Domkapitel als auch bei der Stadt Speyer ein Überdenken des bisherigen finanziellen Engagements kein Tabu mehr darstellt. „Wir werden auch zukünftig die Eintrittspreise so gestaltet, dass sich alle Schichten der Bevölkerung einen Konzertbesuch leisten können“, gibt sich Leo Krämer optimistisch. Man denke aber darüber nach, die IMS auf weitere Spielorte im badisch-pfälzischen Raum auszudehnen. Fixpunkt bleibe aber immer der Dom zu Speyer. „Mit der angedachten Erweiterung wird die Kathedrale als Zentrum noch mehr zum Zentrum in der Region und rückt damit noch stärker ins Bewusstsein der Menschen.“
Das Festival sei schließlich eine echte Herzensangelegenheit – von Akteuren wie Zuhörer. „Es gibt schließlich keine bessere Gelegenheit, die Musik als Teil der göttlichen Botschaft zu einem besonderen Erlebnis werden zu lassen. Und dies weit entfernt von jeder Form der reinen Berieselung oder Event-Hascherei.“ (og)