Technische Denkmäler mit neuem Reiz
05.09.99 (Landschaft & Orte)
Es gibt immer wieder verborgene Schätze, die in privaten Sammlungen in den Jahren zusammen getragen wurden und in der Zwischenzeit die Kulturlandschaft bereichern. So hat beispielsweise in Reilingen ein technikbegeisterter Landwirt mit seiner Sammelleidenschaft bäuerliche Gerätschaften zusammengetragen, die jedes Museum bereichern würden und die niemand in dieser Qualität und Quantität in der Spargelgemeinde vermutet hätte.
So ganz still und leise hat nämlich Willi Schröder eine Sammlung von Lanz-Traktoren zusammen bekommen, die manchem Technikfreund schier den Atem rauben dürfte. Ein Teil der Raritätensammlung ist von hohem Seltenheitswert. So stehen die alten Lanz-Bulldogs, die teilweise lange Jahre in Reilingen ihren Dienst versahen, neben historischen Erntemaschinen. Die Kenner unter den Liebhabern von technischen Denkmälern werden aufhorchen, wenn der stets Zigarre rauchende Landwirt in seiner zurückhaltenden, ja bescheidenen Art von einer Dreschmaschine „Badenia“ aus dem Jahre 1932 erzählt, die einst von einem Ochsengespann durch die Dörfer der Kurpfalz gezogen und vor Ort dann von einem Bulldog angetrieben wurde.
Zu den besonderen Raritäten zählt ein wuchtiger Verkehrsbulldog, „Schnelläufer“ genannt. Mit ihm waren noch in den 50-er Jahren mit einer Geschwindigkeit von fast 40 km/h Spediteure und Transportunternehmen auf den Straßen der Region unterwegs, um schwere und sperrige Güter anzuliefern. Zu den eher unauffälligen Sammlungsstücken gehört auch ein Lokomobil-Mähdrescher-Antreiber aus der schlesischen Motorenfabrik L. Benz & Comp. in Trebitsch.
Zu allen Traktoren und Geräten liefert Willi Schröder aber nicht nur die detailliert die technischen Daten, sondern er hat auch deren Geschichte parat. So zeigt er gerne dem staunenden Besucher einen Traktor, der während des 2. Weltkrieges von einem Reilinger Bauern auseinander montiert und eingegraben wurde, um ihn nicht für den Rußlandfeldzug abgeben zu müssen. Nach dem Krieg wurde der Traktor wieder ausgegraben und konnte sofort wieder in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Zu sehen ist aber auch ein Traktor, mit dem die Menschen auf der Flucht in den Westen waren. Einige Einschlaglöcher zeugen
noch heute von einem Granatbeschuss.
Stolz ist Willi Schröder aber auf einen roten Lanz-Bulldog, wie es keinen zweiten mehr gibt. Dieser war eigentlich für den Export in Mannheim gebaut worden und sollte von Karlsruhe aus verschifft werden. In den Kriegswirren vergaß man ihn aber und entdeckte ihn erst, als das Schiff verschrottet werden sollte.
Es bereitet Vergnügen, sich durch die einzelnen Exponate in eine Zeit versetzen zu lassen, als ein Landwirt noch fast einen Tag brauchte, um eine Wiese zu mähen, für die die heutigen Maschinen gerade mal eine Stunde benötigen.
Und trotzdem kann es mal vorkommen, das ein Mähdrescher aus den 50-er Jahren aus der Sammlung hervor geholt wird, um noch ein vergessenes kleines Feld mit Getreide oder Erbsen abzuernten, für das sich der Einsatz eines heutigen Mähdreschers nicht gelohnt hätte.
Glänzende Augen bekommt man aber, wenn die Motoren der alten Bulldogs im wahrsten Sinne des Wortes nach längerem Vorglühen mit einer Lötlampe mit dem zur Kurbel umfunktionierten Lenkrad angeworfen werden. Hat sich dieser mit viel Qualm und einem laut pochenden Ploppen erst einmal in Bewegung gesetzt, sind einem die alten technsichen Denkmäler mit neuem Reiz ans Herz gewachsen.
Rund 40 Exponate stehen bereits in einer eigens erbauten Scheune, die im kommenden Jahr zum ständigen Museum für Lanz-Bulldogs und andere landwirtschaftliche Geräte werden soll. Dann nämlich weihen Willi Schröder und sein Sohn Klaus nicht nur die Ausstellungsräume ein, sondern auch ihr neu gebautes Hofgut in der Fröschau. Bis dahin bleibt den Technikfreunden nur die Möglichkeit, die Sammlung bei öffentlichen Veranstaltungen zu bestaunen. Oder aber man schaut in der Brennerei Schröder in der Reilinger Hauptstraße genau gegenüber der Wendelinskirche vorbei. Sollte Willi Schröder zu Hause sein, führt er immer wieder gerne das eine oder andere gute Stück vor …