War-Requiem als Versöhnungsgeste
14.05.13 (Speyer)
Evangelische Jugendkantorei der Pfalz führt Brittens Antikriegsoratorium auf
Zwei signifikante Kirchenräume, die Abteikirche in Otterberg und die gotische Stiftskirche in Landau, sind am letzten Mai-Wochenende jeweils Schauplatz eines besonderen Konzert-Ereignisses: Die Evangelische Jugendkantorei der Pfalz führt Benjamin Brittens Antikriegsoratorium „War Requiem“ fast auf den Tag genau 50 Jahre nach seiner deutschen Erstaufführung in der West-, beziehungsweise Südpfalz auf. Der Zeitpunkt, das aufwendig besetzte Werk nach 18 Jahren wieder ins Programm zu nehmen, sei nicht von ungefähr gewählt, historische Bezugspunkte böten sich gleich mehrfach, sagt Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald, der musikalische Leiter des Projekts. „Das beginnt mit Benjamin Britten selbst, dem wohl bedeutendsten englischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr begeht.“ Aber angesichts von Inhalt und Anlass, aus dem das außergewöhnliche Werk entstand, sei auch das Datum 1933, das Jahr der Machtergreifung Hitlers, präsent.
Britten hatte sein War Requiem (Kriegsrequiem) als Auftragswerk komponiert zur Einweihung der neuen Kathedrale in Coventry, die 1962 in unmittelbarer Nachbarschaft der Ruine der 1940 durch die deutsche Luftwaffe zerbombten „Cathedral“ fertiggestellt worden war. Die lateinischen Texte der Requiems-Liturgie, verortet in den Passagen der Solo-Sopranistin und der Chöre, korrespondieren mit Antikriegslyrik des am Ende des Ersten Weltkriegs gefallenen Dichters Wilfred Owen (1893-1918). Seine Verse fließen ein in die Solopartien von Tenor und Bariton, die von einem eigenen Kammerorchester begleitet werden. Das große sinfonisch besetzte Orchester wiederum musiziert mit dem bis zu zehnstimmigen Chor und dem Knabenchor.
Britten selbst wollte sein Werk vor allem als große, völkerverbindende Geste der Versöhnung verstanden wissen. So hatte er für die Uraufführung am 30. Mai 1962 neben dem englischen Tenor Peter Pears den deutschen Bariton Dietrich Fischer-Dieskau und die russische Sopranistin Galina Wischnewskaja verpflichtet. Letzterer allerdings verweigerten die russischen Behörden die Ausreise; erst ein Jahr später durfte sie die erste Schallplatteneinspielung des Werks mitgestalten.
Steuerwald zeigt sich glücklich über die vielversprechende Besetzung der beiden Aufführungen in der Pfalz. Neben den Solisten Vera Steuerwald (Sopran), Daniel Schreiber (Tenor) und Markus Krause (Bariton) wirken Kammerorchester (geleitet von Co-Dirigent Bezirkskantor Stefan Viegelahn) und großes Orchester der „Frankfurter Kapelle“ mit, außerdem der Knabenchor „collegium iuvenum Stuttgart“ (Leitung Friedemann Keck) und nicht zuletzt die Evangelische Jugendkantorei der Pfalz, die aktuell Patenchor des Rundfunkchors Vokalensemble Stuttgart ist.
Die Aufführungen des „War Requiems“ finden am Samstag, 25. Mai, 19 Uhr, in der Abteikirche Otterberg im Rahmen der Abteikirchenkonzerte (Karten bei der Tourist Information Otterberg, Telefon 06301 / 31504, Mail: info@otterberg.de) sowie am Sonntag, 26. Mai, 18 Uhr, in der Stiftskirche Landau. Weitere Informationen und Karten unter www.ejuka.de und beim Rheinpfalz-Ticketservice.