* Weiter der ehemaligen Burg Wersau auf der Spur
20.08.09 (Reilingen)
„Freunde Reilinger Geschichte“ hoffen auf baldige archäologische Erforschung / Arbeitskreis Burg Wersau auf verschiedenen ebenen aktiv / Bisherige Fundebereiche bereits eingemessen / Rutengänger überraschen mit ihren Funden und Darstellungen
Seitdem im vergangenen Jahr mit Hilfe neuester Untersuchungsmethoden große Teile der ehemaligen Burg Wersau bei Reilingen wieder entdeckt wurden, vergeht fast kein Tag, wo nicht Anfragen oder Besichtigungswünsche bei Philipp Bickle, dem Vorsitzenden der „Freunde Reilinger Geschichte“, oder Otmar Geiger, dem Sprecher des Arbeitskreises Burg Wersau, eingehen. Das Interesse an der „Burg unter der Grasnarbe“ ist groß, die Erwartungen bei vielen Heimatfreunden hoch. Nicht selten sind sie bei einem Vor-Ort-Termin aber zunächst enttäuscht. „Die meisten Besucher hoffen, zumindest Teile der alten Burganlage sehen zu können“, stellen die beiden engagierten Heimatforscher immer wieder bei Führungen oder Vorträgen fest. „Auch wir würden es mehr als begrüßen, wenn wenigstens ein paar Mauerteile, vielleicht sogar ein Kellergewölbe zu sehen wären“, spricht Otmar Geiger die Wünsche und Hoffnungen der inzwischen über 30 Arbeitskreismitglieder deutlich aus. Dabei ist es dem langjährigen Historiographen aber klar, dass es mit archäologischen Grabungsarbeiten nicht so einfach ist. Da die gesetzlichen Vorgaben von Bundesland zu Bundesland verschieden sind, wird natürlich bedauert, dass gerade Baden-Württemberg mit die strengsten Vorschriften hat – und diese je nach Zuständigkeit teilweise auch noch sehr eng ausgelegt werden. Vor allem die in den Startlöcher wartenden AK-Mitglieder können es oft nicht verstehen, dass es Bayern erlaubt ist, mit Metallsonden auf „Schatzsuche“ zu gehen, aber in Reilingen noch nicht einmal mit einfachen Oberflächenarbeiten begonnen werden kann. „Wir dürfen nur mit Zustimmung der Gemeinde Reilingen und den Denkmalschutzbehörden aktiv werden“, stellt Philipp Bickle klar. Und außerdem dürfe man nicht außer acht lassen, dass die finanziellen Mittel für eine Grabungskampagne derzeit im Gemeindehaushalt nicht eingestellt seien.
Trotz aller Widrigkeiten ist man im Arbeitskreis Burg Wersau aber zuversichtlich, dass im kommenden Jahr zumindest mit einem einfachen Grabenschnitt wenigstens mal die ersten archäologischen Blicke in den Boden geworfen werden können. Was die Forscher erwartet, ist zumindest in groben Zügen bekannt. Die bodenphysikalischen Untersuchungen lassen keine Zweifel daran, dass nur wenige Zentimeter unter der Grasnarbe Mauer- und Gewölbeteile, Überreste von Türmen, Gebäuden und Brunnen zu finden sind. „Nicht zu verachten wäre auch, eine mittelalterliche Abfallgrube anzuschneiden.“ Gerade dort, so AK-Sprecher Geiger, sei mit den Funden zu rechnen, die das Leben der Menschen auf der Burg in unmittelbarer Nachbarschaft zur ehemals stark genutzten Kaiser- oder Reichsstraße von Prag über Nürnberg, Wimpfen und Wiesloch nach Speyer nachvollziehbarer machen würde.
Auch wenn derzeit noch die Spaten, Schaufeln und Pinsel in den Kisten bleiben müssen, sind die AK-Mitglieder nicht untätig. So wurde beispielsweise von Richard Weber, er bringt sich als Geometer bereits seit Gründung des Arbeitskreises ehrenamtlich in die Forschungsarbeiten ein, das gesamte Gelände millimetergenau ver- und die geophysikalischen Funde eingemessen. „Mit Hilfe der GPS-Daten sind wir nun in der Lage, jede Fundstelle im weiten Gelände punktgenau zu finden“, so Weber. Aber auch ganz anderer Such- und Messmethoden bedient man sich inzwischen, um vielleicht weitere Funde zu ermitteln, zumindest aber die bisherigen Fundstellen weiter zu untersuchen. Seit einiger Zeit sind nämlich zwei Rutengänger im Bereich der Wersau unterwegs – und deren Funderfolge und Erkenntnisse verblüffen selbst gestandene Wissenschaftler. So hat der Heidelberger Architekt und Diplom-Ingenieur Oskar Harbich als geobiologischer Berater einen in der ganzen Region anerkannten Ruf, so dass inzwischen selbst die Archäologen der Universität Heidelberg, dessen Forschungsergebnisse ernst nehmen. Mit Hilfe seiner Gabelrute kam er in den letzten Wochen – und dies ohne Kenntnis der bisherigen Fundpläne – zu nahezu deckungsgleichen Ergebnisse. Auch Eugen F. Müller, Rutengänger aus St. Leon-Rot, kam mit seiner kugelgelagerten, und damit nicht beeinflussbaren Winkelrute zu den gleichen Ergebnissen.
Und da inzwischen auch die Denkmalschutzbehörde über die Burg Wersau sagt, dass „die Reste der Mühle und der Burg als wertvolle Geschichtszeugnisse zu werten“ seien, und sie „zusammen mit der Schlossmühle ein Denkmal bilden würde, dessen Erhaltung aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen im öffentlichem Interesse steht“, ist man auch bei den „Freunden Reilinger Geschichte“ und deren Arbeitskreis Burg Wersau zuversichtlich, dass jetzt einer ausführlichen Erforschung des Geländes am Kraichbach nichts mehr im Wege stehen dürfte. Otmar Geiger: „Wir stehen startbereit mit den Spaten und Pinseln bei Fuß und werden versuchen, mit unserem ehrenamtlichen Engagement die Kosten einer Grabungskampagne zu verringern!“