Wo der Teufel Schafkopf drosch
11.01.96 (Landschaft & Orte)
Schifferstadt geht auf die Errichtung eines fränkischen
Königshofes im 7. und 8. Jahrhundert zurück. Die Deutung des
Ortsnamens ist noch immer umstritten. Favorisiert wird
mittlerweile aber die Deutung „Sciffestat“ als „Stätte des
Sciffo“, wobei „Sciffo“ als Schöffe, also mit der Gerichtsbarkeit
versehener Verwalter des Königshofes zu verstehen ist.
Eine andere Deutung ist eng mit den Flößern, die früher
„Schiffer“ hießen, eng verbunden. Schließlich wurde über
Jahrhunderte hinweg das Holz aus dem Pfälzerwald über den Rehbach
zum Rhein geflößt.
Auf dem Stadtplan sieht der alte Stadtkern von Schifferstadt wie
ein Dreieck aus. Und dort, in der Kirchenstraße, liegt das alte
Gasthaus „Zur Kanne“. Fast der Kirche gegenüberliegend, spielte
auch dort die alte Sage vom „Teufel in der Kanne“.
Es ist schon viele Jahre her, als an einem kalten, verschneiten
Heiligabend vor der Christmette noch vier Gäste in der „Kanne“
zusammen saßen und anstatt die Christmette in der
gegenüberliegenden St. JakobusKirche zu besuchen, beharrlich und
voller Spielleidenschaft weiter ihren Schafkopf droschen.
Als das lange, feierliche Glockengeläut schon am Verstummen war,
besann sich einer der Spieler, stand schnell auf und ging zur
Christmette. Er ließ sich auch durch das Lamentieren seiner
Mitspieler, zu viert sei Schafkopf schöner als zu dritt und den
Spott, er habe wohl Angst vor seiner resoluten Frau, nicht vom
rechten Wege abbringen.
Doch kaum war der Mann hinausgegangen, kam ein vornehm
gekleideter Fremder herein, setzte sich ohne zu fragen an den
gerade verlassenen Platz und mischte die Karten. Allen war es
recht, daß das Spiel nun weiter gehen konnte, und während die
Orgel und der Gesang aus der nahen Kirche in die „Kanne“
herüberschallten, spielten die vier Männer munter ihren
Schafkopf.
Als einem der Spieler beim Austeilen eine Karte unter den Tisch
fiel, bückte er sich, um die Karte wieder aufzuheben. Der Mann
fuhr aber erschrocken hoch und wurde blaß wie ein Leichentuch. Er
warf die Karten auf den Tisch und schrie zu dem Fremden gewandt
„Du hosch jo Gaulsfieß“. Die Mitspieler wollten sich nun auf den
Pferdefüßigen stürzen, aber der fuhr hoch wie der Blitz und durch
das Fenster zur „Kanne“ hinaus, während ein unerträglicher
Gestank nach Schwefel in der Gaststätte zurückblieb.
Fortan war in der „Kanne“ jedes Jahr in der Weihnachtszeit am
Stammtisch ein unheimliches Klopfen zu hören. Erst nach vielen
Jahren, als man das Kreuz mit dem Hahn vom Dach der
JakobusKirche auf das Dach des Gasthauses gesetzt hatte, soll,
so versichern noch heute die alten Schifferstadter, das Klopfen
am Stammtisch aufgehört haben.
Aus: Rheinpfalz, Rudolf Köstlmaier, 11.1.1996