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Zwischen Sonne und Halbmond

15.02.05 (Geschichte allg., Personalia)

Leben und Wirken des „Türkenlouis“ – Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden
Der erst siebzehnjährige Sonnenkönig, Ludwig XIV. selbst, der bei der Geburt des badischen Erbprinzen in Paris, Hotel de Soissons, als Namensgeber und Taufpatte fungierte, sollte das tragische Schicksal Ludwig Wilhelms später mitbestimmen. Der Mutter, einer Prinzessin aus dem königlichen Hause Bourbon, Maria Luisa Christina von Savoyen-Carignano, hatte er bei deren Vermählung ein Jahr zuvor mit Markgraf Ferdinand Maximilian von Baden-Baden sogar eine Mitgift von hunderttausend Franken zugebilligt. Diese Heirat war 1655 am französischen Königshof lange noch Gesprächsstoff, denn die junge Markgräfin weigerte sich Gemahl und Sohn in die bescheidene Residenz nach Baden-Baden zu begleiten und zog es vor, am glanzvollen französischen Hof zu bleiben. Ludwig Wilhelm sollte seine Mutter nie wieder sehen.
Die Kindheit des jungen Prinzen wurde 1669 durch den frühen Tod des Vaters bei einem Jagdunglück in der Kurpfalz noch einmal schwerwiegend überschattet. Der Großvater Markgraf Wilhelm von Baden-Baden übernahm die Obhut des Vierzehnjährigen und bestimmte für ihn die militärische Karriere am Wiener Kaiserhof, die Standeserhöhung und Ruhm versprach. Diese Voraussicht sollte sich auch bewahrheiten. 1690 erhielt Ludwig Wilhelm das Oberkommando des kaiserlichen Heers im Kampf gegen die Türken, die 1683 Wien belagert hatten. Von nun an sollte der Halbmond das Leben des Markgrafen prägen. Nach der siegreichen Schlacht bei Slankamen 1691 bekam er die höchste Rangstufe im Heer und wurde zum Generalleutnant ernannt. An allen europäischen Fürstenhöfen, als heldenhafter „Türkenlouis“ und Retter der Christenheit tagelang gefeiert, erhoffte sich der badische Regent vom Kaiser Leopold I, die ihm zustehende Rangerhöhung als Kurfürst und bewarb sich sogar 1697 für die freigewordene polnische Krone. Beide Wünsche blieben unerfüllt.
Zudem hatte der Kaiser Markgraf Ludwig Wilhelm, im Zenit seiner größten militärischen Erfolge in den Kämpfen gegen das osmanische Heer, an die Westfront zur Verteidigung des Oberrheins gegen den Angriff Ludwig XIV. beordert. Nun stand der siegreiche „incomparable“ Held zwischen Sonne und Halbmond. Das Kommando im Osten wurde seinem acht Jahre jüngeren Vetter Prinz Eugen von Savoyen übertragen. Eine schicksalhafte Entscheidung, die sich noch einmal mit der verwandtschaftlichen Beziehung zum französischen Königshof zu Ungunsten des Türkenlouis auswirkte. Der savoyische Vetter Prinz Eugen, Sohn des Bruders seiner Mutter, Herzog Eugen Moritz von Savoyen und der berühmt-berüchtigten Nichte des Kardinals Mazarin, Olympia Mancini, sollte als militärischer Schüler und Nachfolger des Markgrafen von Baden-Baden das von ihm fast vollendete Werk mit dem Frieden von Karlowitz 1699 abschließen und in der Geschichtsschreibung den Kriegsruhm des badischen Türkensiegers sogar übertreffen und in den Schatten stellen. Fast eine Ironie des Schicksals!
Bitter enttäuscht über die mangelnde Unterstützung Leopold I. und den ausbleibenden Sieg an der Westfront, entschied Ludwig Wilhelm 1699 seinen herrschaftlichen Wirkungskreis in seiner badischen Markgrafschaft zu verstärken und das, vielleicht aus einer Laune, schon 1698 errichtete und fast fertig gestellte Jagdschloss in Rastatt zu einer repräsentativen und prachtvollen Residenz umbauen zu lassen.
Ende des 17. Jahrhunderts, in einer Zeit tobender Kriege und Verwüstungen in ganz Europa, wagte der legendäre Türkenlouis in der Rheinebene bei Rastatt den Grundstein für eine große Residenz- und Stadtanlage mit Modellhäusern nach Plan, von Befestigungsmauern umgeben, zu legen. Es ist das erste deutsche barocke Residenzschloss nach dem universellen Vorbild der absolutistischen Macht des Sonnenkönigs – Versailles. Mit diesem kühnen Plan wurde der in Wien mit Aufträgen für die Fürsten von und zu Lichtenstein und der Grafen von Czernin, zum „Stararchitekten“ avancierte Italiener, Domenico Egidio Rossi beauftragt.
Am 26. Januar 1700 schrieb Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden in dem Brief an Johann Hugo, Erzbischof zu Trier, Bischof zu Speyer: „… nachdeme ich zu Rastatt ein neues gebäu zu meiner künfftigen Residenz aufführen lasse…“ und hatte noch weitere große Baupläne ohne zu ahnen, dass sein Traum von der großen Macht auch mit der Errichtung der repräsentativen Residenz unerfüllt bleiben sollte. Kurz nach dem Einzug 1705 der markgräflichen Familie in das Schloss und der Übernahme der Regierungsgeschäfte in Rastatt, erkrankte der müde Held an den Folgen seiner Verwundung in der Schlacht bei Schellenberg und starb am 4. Januar 1707 im gerade fertig gestellten Residenzschloss. Die Regentschaft übernahm die junge Witwe Sibylla Augusta, der es jedoch erst nach dem Frieden von Rastatt 1714 gelang, der Residenz den repräsentativen und prachtvollen Charakter zu verleihen, den sich der Türkenlouis erträumt hatte.
Quelle: SSG Baden-Württemberg

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